Erst vor wenigen Tagen, am Sonntag, den 22. Oktober, ging ein Mann auf der „Aida Perla“ über Bord (wir berichteten). Ein Drama, dass so niemand erleben will, egal ob Aida, „Mein Schiff“ oder Costa am Bug steht. Die Folge waren dramatische Such-Aktionen und Rettungsversuche – erfolglos.
Dabei kann nahezu jeden Menschen an Bord eines Kreuzfahrtschiffes ein solcher Unfall ereilen. Öfter als man denkt, geben Aida-, „Mein Schiff“- und andere Kapitäne den Ruf „Man over Board“ (Mann über Bord) aus…
Aida und „Mein Schiff“: Bittere Statistik
Etwa 19-mal im Jahr gibt es den schlimmen Alarm, den kein Kreuzfahrer hören will, auf einem von etwa 380 Kreuzfahrtschiffen weltweit: Jemand ist ins Meer gefallen, gesprungen oder gestoßen worden – es heißt „Mann über Bord“. Das Problem: Auf Aida-, „Mein Schiff“ und anderen Kreuzfahrtschiffen gibt es keine automatische Erkennung solcher Situationen. Mit schweren Folgen.
Ist eine Person über Bord gegangen, muss die Information erst einmal mündlich zur Crew, zum Kapitän und weiteren Entscheidungsträgern vordringen, bis die Suche nach der Person im Wasser beginnt, vergeht wertvolle Zeit. So können nur rund 20 bis 30 Prozent der Menschen überhaupt gerettet werden, wie die Maritime Universität von Stettin im Jahr 2018 in einem Forschungsbericht herausstellte. Doch wie sind Aida und Tui Cruises samt „Mein Schiff“-Flotte auf den Notfall vorbereitet?
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Aida und „Mein Schiff“: Klare Vorgaben
Wenn ein „Mann über Bord“-Fall zunächst gar nicht bemerkt wird, vergehen wertvolle Sekunden, Minuten, vielleicht sogar Stunden. Im eiskalten Wasser ist Zeit allerdings ein alles entscheidender Faktor. So wurde auch dem Crew-Mitglied der „Aida Perla“ die geringe Temperatur des Meerwassers wohl zum Verhängnis.
Vor allem eine gut trainierte Crew soll in Ernstfällen reagieren – denn automatische Früherkennungssysteme von „Man Overboard“-Fällen soll es geben, die entsprechen aber offenbar nicht dem Standard, den die ISO Mitte 2020 veröffentlichte. Die US Coast Guard sagte noch im selben Jahr gegenüber dem „Business Insider“, es sei ihr kein System bekannt, dass diese Standards erfüllen könne. Auf Schiffen von Aida, „Mein Schiff“ und anderen gibt es allerdings immerhin Videoüberwachung, die sich nachträglich auswerten lässt. Doch dann ist es oft zu spät.
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Die Todesrate wird also weiter rund zwei Drittel aller Fälle betragen, egal ob Menschen auf Aida-, „Mein Schiff“- oder anderen Kreuzfahrtschiffen über Bord gehen. Dabei spielt laut Kreuzfahrt-Kritiker Ross Klein übrigens in vielen Fällen Alkohol eine Rolle…