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Hamburg: Archäologen machen einen spektakulären Fund – mitten in der Stadt!

Hamburg: Archäologen machen einen spektakulären Fund – mitten in der Stadt!

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In der Innenstadt von Hamburg sind Archäologen gerade dabei, sich tief in die Geschichte der Hansestadt vorzuarbeiten Foto: imago images

Hamburg. 

Die „Indiana Jones“-Titelmelodie hat Kay Suchowa als Handy-Klingelton eingestellt, wie sich das für einen Archäologen gehört. Suchowa hat aber kein Lasso in der Hand, sondern eine Schaufel. Und das aktuell mitten in Hamburg, direkt neben der Nikolaikirche.

Hier befindet sich eine Art „Gewächshaus“, das seine Ausgrabung vor der Witterung und neugierigen Besuchern schützt. Man könnte fast dran vorbeilaufen, da momentan in dieser Ecke von Hamburg ohnehin wegen Bauarbeiten überall Absperrungen und Container herumstehen.

Hamburg: Grabungen mitten in der Stadt

Doch im Inneren verbirgt sich ein Fläche von 210 Quadratmetern mehr, als man von außen vermuten würde. Die Erde ist drinnen einige Meter ausgehoben. Mit Holzplanken sind die verschiedenen Ebenen verbunden. „Alles mit der Hand ausgegraben“, sagt Suchowa zu MOIN.DE.

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Was sie hier suchen? Eine Burg, älter als die Stadt Hamburg. „Den Mercedes unter den Burgen“, sagt Kay Suchowa. Die „Neue Burg“ heißt sie eigentlich schlicht. Sie soll vor 1000 Jahren genau da gestanden haben, wo später die Hansestadt gegründet wurde.

Verschiedene Schichten von Hamburg

Um sich zu den Erdschichten der Burg vorzubuddeln, muss das Archäologenteam aber erst einmal durch die „jüngeren“ Ebenen. „Wir hatten zum Glück sehr genaue Pläne aus dem 18. Jahrhundert und können exakt sagen, wo welches Haus stand und welche Familien dort lebten“, sagt Suchowa.

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Es sei die „Upper Middle Class“ gewesen, die hier einst wohnte, sagt er. Sie kamen aus ganz Europa, hatten unter anderem Namen wie LeBlonde oder Rossi. Im einstigen Garten der LeBlondes fanden Suchowa und seine Mitarbeiter einen ganzen Eimer voll entsorgter Austernschalen, die noch immer perfekt erhalten sind.

Hamburg veränderte sich viele Jahre lang kaum

Anhand der Fundamente konnten die Archäologen erkennen, dass sich die Anordnung der Wohnhäuser hier seit dem 14. Jahrhundert über lange Zeit nicht groß verändert hat. Bis 1842 das „große Feuer“ kam und die Gegend zerstörte. Danach wurde neu gebaut.

Es klingt fast merkwürdig, doch über eine Sache ist Suchowa sehr glücklich: Dass hier, wo er gerade gräbt, damals eine Straße gebaut wurde. „Für uns war das gut“, sagt er. Denn wären hier Häuser mit Kellern entstanden, wäre in der Erde wohl alles zerstört worden.

Erste Burg im Zentrum von Hamburg

Weil das nicht passierte, entdeckte das Team nun in der Tiefe tatsächlich den Wall, der vor fast genau 1000 Jahren die Neue Burg umschloss. Aufgestapelte Holzstämme, mit Erde überschüttet. Der Schutzwall war nur fünf Meter hoch, aber mit 36 Metern Durchmesser sehr breit.

Und zu ihrer Überraschung fanden die Archäologen genau dort, wo sie suchten, etwas, das verdächtig nach einem Eingang auf das Burggelände aussieht. „Wir müssen noch sichergehen, dass es wirklich so etwas wie ein Tor ist“, sagt Kay Suchowa. Aber wenn, wäre das ein Coup: „Das war noch nirgends dokumentiert!“

Hamburg: Bahnbrechende Erkenntnis

Bisher war nicht viel über die Neue Burg bekannt. In einem Dokument, das mehr als hundert Jahre nach deren Bau verfasst wurde, schrieb jemand, sie sei im Jahr 1061 erbaut worden. Bis heute wurde dieses Datum so übernommen. Doch Kay Suchowa hatte daran schon immer Zweifel.

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„Das war die größte Burganlage im Norden“, sagt er. „Warum sollte man so etwas in der damals relativ friedlichen Zeit bauen?“ Jetzt aber, wo die Archäologen Holz aus dem Schutzwall gefunden hatten, konnten sie dieses im Labor datieren lassen.

Das Ergebnis: Die Bäume für den Bau wurden schon 1021 gefällt. Eine Zeit, in der Sachsenherzog Bernhard II. die Region um Hamburg gerade von den Dänen erobert hatte und natürlich vor diesen und anderen aggressiven Nachbarn verteidigen wollte. Plötzlich ergab alles viel mehr Sinn!

Schulbücher zur Hamburg-Geschichte

Kay Suchowa sagt, dies sei seine spannendste Grabung: „Es ist für mich als gebürtigen Hamburger natürlich toll, durch meine Arbeit die Schulbücher zu verändern!“

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Die Archäologen konnten auch feststellen, dass die Neue Burg 1120 aufgegeben wurde und dann rund 30 Jahre brach lag. „Es ist noch ein bisschen mysteriös, warum das so war“, sagt Suchowa. Später wurde der Wall mit Erde und Geröll aufgeschüttet und darauf die Stadt Hamburg geründet.

Archäologen aus Hamburg planen Museum

Er hofft, dass die Funde, die das Team hier macht, später einmal in einem kleinen Museum gezeigt werden können, zusammen mit Informationen und Skizzen der Neuen Burg. Dafür müssten sich aber noch Sponsoren finden, die den jährlichen Unterhalt von rund 370.000 Euro aufbringen könnten.

Und eine Sache wurmt Kay Suchowa schon: Vermutlich wird er nie im Zentrum der Burganlage graben können, wo sicher viel Spannendes zu finden gewesen wäre. Denn genau dort steht heute die Nikolaikirche.

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