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Hamburg Hauptbahnhof: Alkoholverbot geplant! „Was soll das jetzt bringen?“

Die Innenbehörde plant eine drastische Maßnahme am Hamburger Hauptbahnhof. Vor allem Obdachlose könnten darunter leiden.

Hamburg Hauptbahnhof
© IMAGO / Hanno Bode

Verbrechen in Hamburg: So viel Arbeit hat die Polizei in der Hansestadt

Brennpunkt Hamburg Hauptbahnhof: Dealer, Taschendiebe und Drogensüchtige bestimmen das Bild des Hauptbahnhofs. Die Polizei ist an einem der gefährlichsten Bahnhöfe Deutschlands rund um die Uhr im Einsatz.

Um dieser Kriminalität entgegen zu treten, verkündete Innensenator Andy Grote (55, SPD) ein Waffenverbot am Hamburg Hauptbahnhof vom 1. Oktober an. Auch mit Videoüberwachung soll die Sicherheit ausgeweitet werden. Und: Grote plant noch einen weiteren, drastischen Schritt – zum Leidwesen vieler obdachloser Menschen.

Hamburg Hauptbahnhof: Kommt das Alkoholverbot?

Wenn es nach der Hamburger Innenbehörde geht, soll mit Alkohol am Bahnhof auf dem angrenzenden Hachmannplatz und Heidi-Kabel-Platz Schluss sein. So soll weder erlaubt sein, Alkohol zu trinken, noch den mit sich zu führen. Der Start für dieses Verbot soll im Frühjahr 2024 sein – eine entsprechende Gesetzesänderung sei derzeit in Arbeit, teilte die Behörde mit.

Hamburg Hauptbahnhof
Ein Obdachloser am Hamburg Hauptbahnhof. (Archivfoto) Foto: IMAGO / Hanno Bode

Doch so richtig überzeugt sind Betroffene davon nicht. „Im Endeffekt wird es eh nicht viel bringen“, sagt Paco (26) gegenüber MOIN.DE, der ab und an auf der Straße lebt. Er sitzt mit seinen Freunden Jacqueline (41) und Kenny (28) vor dem Drob Inn in der Nähe des Hauptbahnhofs.

„Kriminalisierung und Vertreibung von obdachlosen und suchtkranken Menschen“

Paco selbst trinke keinen Alkohol, dafür konsumiere er aber andere Substanzen, verrät er. Trotzdem habe er die Hoffnung, dass ein Alkoholverbot die Sicherheitslage auch für Obdachlose verbessere. Er erklärt: „Vor allem Alkohol zusammen mit Tabletten macht aggressiv“. Rund jede vierte Gewaltstraftat am Hamburger Hauptbahnhof würde laut Innenbehörde unter Alkoholeinfluss passieren.

Malte Habscheidt von der Diakonie Hamburg lehnt die Idee eines Alkoholverbots ab. Er sagt zu MOIN.DE: „Das geplante Alkoholverbot bedeutet eine Kriminalisierung und Vertreibung von obdachlosen und suchtkranken Menschen, die auf die Straße als Lebensraum angewiesen sind.“ Der Diakonie-Sprecher weiter: „Das löst aber das zugrundeliegende Problem nicht – es verlagert es nur.“

Auch Andrea Hniopek von der Caritas mahnt gegenüber MOIN.DE: „Obdachlose werden so immer weiter und massiv verdrängt – bis an die Randgebiete, in denen sie schwer von Sozialarbeitern erreicht werden können.“ Obdachlose würden per se kriminalisiert.

Expertin: „Glaube nicht, dass sich die Lage entspannt“

Auch Bärbel Bongartz, Kriminologin und Professorin an der Internationalen Hochschule (IU), lehnt das Anti-Alkohol-Gesetz ab. Sie vergleicht das mit dem Waffenverbot – und das sei „überhaupt das Irrste“. Wer mit Alkohol erwischt würde, könnte auch nach einem Platzverweis einfach wieder zurückkehren. Bongartz weiter: „Dann kriegen sie ein Wahnsinns-Ordnungsgeld, das sie nie und nimmer bezahlen können.“


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Bei beiden Maßnahmen, Waffen- und Alkoholverbot, fragt sich Bongartz: „Was soll das jetzt bringen?“ Auch im Hamburger Westen darf man beispielsweise nicht mit einem langen Messer oder einer geladenen Waffe rumlaufen. „Ich glaube nicht, dass sich die Lage kurzfristig entspannt“, so die Expertin.