Wer seinen Urlaub auf Norderney verbringt, hofft nicht nur auf gutes Wetter und Erholung am Meer, auch kulinarischer Hochgenuss gehört für viele dazu. Auf einer Nordsee-Insel erwarten viele regionale und frische Speisen – der Fisch gerade erst gefangen und vom Kutter direkt auf den Teller. Doch mit der Realität hat das wenig gemein.
Für „die geschmackvollen, aus sehr guten (gerne regionalen) Produkten zubereiteten Gerichte“ wurde das Restaurant „Seesteg“ auf Norderney mit einem renommierten Michelin-Stern ausgezeichnet. Doch in einem Interview lässt die erfolgreiche Küche tief hinter die Fassade blicken. Damit hätten die meisten Gäste wohl nicht gerechnet…
Norderney: Bruch mit romantischer Vorstellung
Spitzenküche auf einer Ferien-Insel hat ihre ganz eigenen Herausforderungen. Die komplizierten Lieferwege und der eingeschränkte Zugang zu Lebensmitteln sind nur einige der Themen, weiß auch Sterne-Koch Markus Kebschull vom „Seesteg“ auf Norderney. Mit einem Klischee seines Berufstandes räumt der Koch nun in einem Interview kräftig auf.
„Dieses romantische Bild, dass man zum Hafen geht, mit dem Kutter-Kapitän einen Kurzen trinkt und dann verhandelt über die Kiste Fisch, das findet nicht statt“, erklärt der Sterne-Koch gegenüber dem NDR. Wer bisher dachte, auf Norderney wird zumindest der Fisch noch täglich selbst gefangen, hat weit gefehlt. Ein Kenner der Insel und des Restaurants ‚Seesteg‘ stellt klar, wie es tatsächlich läuft.
Norderney: „Hier gibt es nichts“
„Es ist ein bisschen tragisch. Das Wattenmeer ist sehr artenreich, aber was qualitativ rausgeholt wird, ist nicht unbedingt das, was wir wollen. Zum Beispiel die Schollen sind nicht besonders groß“, erklärt der Sterne-Koch auf Norderney.
„Auf Norderney gibt es keine Fischfang-Flotte, gibt es keine Krabbenkutter. Hier gibt es nichts“, erklärt einer der Stammgäste des kleinen Restaurants am Rande der Nordsee. Gerade auch Produkte aus dem Meer müssten vom Festland aus gebracht werden; oft stammen die Lebensmittel nicht einmal von der deutschen Küste und müssen sogar erst eingeflogen werden. Mit der romantischen Vorstellung von regionaler Frische hat das nicht mehr viel zu tun.
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Der kurze Beitrag aus der NDR-Sendung „Am Pass – Geschichten aus der Spitzenküche“ zeigt damit eindrücklich, mit welchen Herausforderungen sich die gehobene Küche auf der kleinen Nordsee-Insel herumschlagen muss. Ob das manchen Gästen gefallen wird, bleibt nun offen.