Neben Mikroplastik, Überfischung und Co. sind sie eines der größten Probleme in der Ostsee und Nordsee: alte Munitionsreste. Seit Jahrzehnten gammeln Bomben und anderes Material in den Meeren vor sich her und sind bis heute brandgefährlich.
Zum Einen wegen der giftigen Stoffe, die sie ins Meer absondern, und zum anderen wegen der Explosionsgefahr. Eine Anfrage vom SSW-Bundestagsabgeordneten Stefan Seidler und der Linksfraktion offenbarte jetzt die Gefahr in der Ostsee und Nordsee.
Gift gelangt in die Ostsee und Nordsee
In den deutschen Teilen von Nord- und Ostsee liegen einem Regierungsbericht zufolge in 71 belasteten Gebieten 1,6 Millionen Tonnen konventionelle und etwa 5.000 Tonnen chemische Kampfstoffe. Sie sollen geborgen werden, doch das kostet Milliarden und ist alles andere als einfach.
„Die Hüllen der Munitionskörper rosten durch und ihre Inhaltsstoffe geraten in die Meeresgewässer“, stellte Schleswig-Holsteins ehemaliger Umweltminister Jan Philipp Albrecht einst fest.
„Dort wiederum werden sie von Meeresorganismen aufgenommen und landen dann möglicherweise auf unseren Tellern.“ Die höchsten Konzentrationen dieser krebserregenden Stoffe würden in Versenkungsgebieten der Ostsee gemessen. „Nicht nur im Wasser, sondern auch in Tieren.“
+++ Ostsee: Alarm in Küstenorten, es ist der pure Wahnsinn – „Bei uns explodieren die Preise“ +++
Und es sind nicht nur Tiere, die zu Schaden kommen. Der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler aus Flensburg stellte eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Thema, gemeinsam mit der Linksfraktion.
Dabei kam heraus, dass es seit 2013 mehr als 26.900 Kampfmittel-Funde in der Nordsee und Ostsee gab. 256 Menschen wurden seit 2010 zudem durch Altmunition verletzt und vier Personen getötet. „Da keine Meldepflicht besteht, dürfte die Dunkelziffer höher liegen“, schätzt Seidler.
Beliebte Orte für einen Urlaub an der Ostsee:
- Eckernförde
- Fehmarn
- Kellenhusen
- Grömitz
- Scharbeutz
- Timmendorfer Strand
- Travemünde
- Boltenhagen
- Kühlungsborn
- Ueckermünde
Komplette Entfernung nicht möglich?
In einer Mitteilung gibt sich der Norddeutsche empört. Auch wegen des Umgangs der Bundesregierung mit dem Thema. Die will in den kommenden Jahren zwar mehr als 50 Millionen Euro in Planung, Sichtung und Beseitigung von Munitionsaltlasten stecken, doch laut des Abgeordneten hält sie eine Vernichtung aller versenkter Munition für nicht umsetzbar.
„Wir haben es aufgrund der Freisetzung gefährlicher Chemikalien mit einem echten Problem für Mensch und Umwelt zu tun! Dass die Bundesregierung, die ja immerhin Rechtsnachfolgerin sowohl des Deutschen Kaiserreiches als auch des NS-Staates und damit der Verursacher zweier Weltkriege ist, in ihrer Antwort an mich erklärt, dass sie keine allgemeine rechtliche oder finanzielle Verpflichtung des Bundes und der Länder zum Tätigwerden sieht, hat mich dann schon überrascht und frustriert. Man werde nur aus Vorsorgeprinzip tätig, heißt es aus Berlin.“
Stefan Seidler, Bundestagsabgeordneter des SSW aus Schleswig-Holstein
Der Flensburger wünscht sich, dass noch mehr finanzielle Mittel zur Bekämpfung des Problems bereitgestellt werden.
Ende diesen Jahres soll ein Vierjahresprogramm starten. Ab 2023 könnte eine schwimmende Plattform mit technischer Ausstattung zur Bergung und Vernichtung der Munitionsreste gebaut werden.
Mehr News von der Ostsee und Nordsee:
- Ostsee: Einwohnerin aus Küstenort schlägt Alarm – „Kurz vorm Kollaps“
- Ostsee: Menschen schauen aufs Meer – irre, was dort los ist
- St. Peter-Ording: Urlauber verhalten sich rücksichtslos am Nordsee-Strand – jetzt kommt diese Nachricht
Auf solch einer Plattform können laut Thyssen Krupp Marinesystems (TKMS) aus Kiel spezielle Werkzeuge die alten, porösen Munitionsreste greifen und dann an Bord hieven (hier mehr dazu). Dort werden sie dann in explosionssicheren Kammern von Robotern mit einem Wasserstrahl aufgeschnitten und zersägt. Die Bestandteile kommen anschließend zur Verbrennung in einen Ofen.
Sprengungen, wie sie es schon oft gegeben hat, will man unbedingt vermeiden, um die sensible Tier- und Pflanzenwelt nicht zu schädigen.