Um 18 Uhr am Sonntagabend kamen die ersten Prognosen zur Bundestagswahl. Plötzlich war er in aller Munde: der Südschleswigsche Wählerverband, SSW. Die Partei ist vielen Menschen in Deutschland gänzlich unbekannt, dabei besteht sie schon seit 1948. Das erste Mal in den Bundestag schaffte sie es sogar 1949.
Damals war der SSW mit dem Abgeordneten Hermann Clausen im Parlament vertreten – bis 1954. Mangels Erfolgsaussichten stellte die Partei nach 1961 ihre Bemühungen ein und konzentrierte sich auf die Kommunal- und Landespolitik.
SSW trat 2021 das erste Mal wieder an
Der Wählerverband trat 2021 dann das erste Mal seit 60 Jahren wieder bei einer Bundestagswahl an. Er profitiert von einer Sonderregel im Wahlgesetz, laut der nationale Minderheiten bei Bundestagswahlen von der Fünfprozenthürde ausgenommen sind.
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Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) wurde 1948 laut eigenen Angaben auf Anordnung der britischen Militärregierung als politische Interessenvertretung der dänischen Minderheit gegründet. Bei der Gründung schlossen sich auch die nationalen Friesen in Nordfriesland der Partei an.
Im Landtag wurde der SSW fortan durch die sechs Abgeordneten der dänischen Minderheit vertreten, die bei der Landtagswahl 1947 33 Prozent der Stimmen im Landesteil Schleswig erhalten hatten.
Bei den Kommunalwahlen des Jahres 1948 erhielt der SSW auf Anhieb 26 Prozent der Stimmen im Landesteil Schleswig. Bei den Bundestagswahl 1949 gelang es der Partei, ein Mandat in Bonn zu gewinnen.
SSW: Dafür steht die Partei
In den Folgejahren pendelten die hohen Wahlergebnisse der Nachkriegszeit sich aber auf einem niedrigeren Niveau ein.
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Im Wahlprogramm präsentiert sich der SSW heute laut der Bundeszentrale für politische Bildung als Partei für die Rechte von Minderheiten, denen im Wahlprogramm ein hoher Stellenwert zugeschrieben wird. Dabei nehmen die dänische Minderheit und die nationalen Friesen zwar eine herausgehobene Stellung ein, jedoch werden auch die anderen beiden nationalen Minderheiten Sinti und Roma sowie die sorbische Minderheit explizit einbezogen.
Der SSW fordert unter anderem die Verankerung der Rechte anerkannter nationaler Minderheiten auf Bundesebene und im Grundgesetz und zudem eine stärkere Förderung kultureller und sprachlicher Angebote dieser Minderheiten auf Bundesebene und eine Förderung von Minderheitensprachen. Darüber hinaus möchte der SSW sich auch für die Gleichstellung von Frauen und LSBTI*-Personen einsetzen.
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Zusätzlich beschreibt sich der SSW als „Stimme des Nordens“, die sich ohne Einschränkungen durch Fraktionen und die Ansprüche anderer Bundesländer für die Interessen Schleswig-Holsteins in Berlin einsetzt. Dieser Status als Regionalpartei spiegelt sich vor allem in Forderungen nach verbesserten Kooperationen mit dem dänischen Nachbarland und dem Ausbau der Infrastruktur in der Region wider.
SSW: Spitzenkandidat findet, der Norden kommt in Berlin zu kurz
Spitzenkandidat des SSW bei der diesjährigen Bundestagswahl ist Stefan Seidler aus Flensburg und könnte nach ersten Zahlen tatsächlich in den Bundestag einziehen. Er findet, dass der Norden in Berlin „viel zu kurz“ komme. „Fördergelder für Entwicklung und Infrastruktur fließen nur langsam in unsere Region. So kommen wir nicht richtig voran. Da muss mehr gehen.“
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Er wolle dagegen ankämpfen, dass der Norden im Schatten der Metropolen untergehe und laut seiner Meinung immer wieder in Berlin vergessen werde. (rg)