Während immer mehr Urlauber nach Sylt kommen und damit auch immer mehr Ferienunterkünfte gebaut werden, müssen Anwohner immer tiefer in die Tasche greifen für den ohnehin schon knappen Wohnraum. Eine Entwicklung, die sich über die vergangenen Jahre zuspitzt hat.
Eine Gemeinde auf Sylt will endlich handeln und mehr Wohnraum für die Insulaner schaffen – doch ausgerechnet die sprechen sich gegen die Pläne aus.
Sylt: Neue Wohnungen für Einheimische geplant
In Kampen hatte die Gemeindevertretung laut „SHZ.de“ beschlossen, am südlichen Ortsrand ein neues Baugebiet für Dauerwohnraum zu schaffen.
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In dem rund 500-Seelen-Dorf gibt es gemäß des kommunalen Sylter Wohnraum-Entwicklungskonzepts einen Bedarf von 62 Wohneinheiten, die bis zum Jahr 2025 aufgestockt werden sollen. Bislang wurden erst acht davon umgesetzt.
Zwischen der Straße Esling Wung und westlich des Brönshooger Wai sollen deshalb nun 45 Wohnungen in Einzel- und Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Doch das gefällt einigen gar nicht.
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Protest gegen Neubauvorhaben auf Sylt
So sprechen sich Naturschutzgemeinschaft Sylt (NSG) wie auch die Sölring Foriining, zwei Träger öffentlicher Belange, die gesetztlich vorgeschrieben bei Bauvorhaben angehört werden müssen, gegen das Projekt aus.
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Das ist Sylt:
- Sylt ist die größte nordfriesische Insel und liegt in der Nordsee
- Nach Rügen, Usedom und Fehmarn ist Sylt die viertgrößte Insel Deutschlands
- Die Insel Sylt ist vor allem für ihre Kurorte Westerland, Kampen, Wenningstedt und den ca. 40 Kilometer langen Sandstrand im Westen bekannt
- Zahlreiche Gebiete auf und um Sylt sind als Schutzgebiete ausgewiesen. Auf der Insel gibt es allein zehn Naturschutzgebiete
- Der Tourismus ist seit über 100 Jahren auf Sylt von erheblicher Bedeutung, seit Westerland 1855 zum Seebad (Kurort) wurde
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Der Grund: Unweit des Areals, wo die Wohnungen gebaut werden sollen, befinden sich mehrere historische Grabhügel. „Das Vorspringen der Bebauung in den Außenbereich würde das archäologische Ensemble der Hünengräber massiv beeinträchtigen“, sagt die NSG gemäß „SHZ.de“
Ähnlich sieht das auch die Sölring Foriining: „Wir verschließen uns nicht der Notwendigkeit, Dauerwohnraum zu schaffen. Es besteht jedoch keine Not, die landschaftsprägenden Grabhügel außer Acht zu lassen“
Geplante Baumaßnahme sorgt für Kritik auf Sylt
Die Kommunalpolitiker betonen, das Areal sei „zum jetzigen Zeitpunkt die einzig geeignete Potenzialfläche der Gemeinde“. Die NSG hingegen verweist auf zwei weiter östlich gelegene Grundstücke, die viel geeigneter seien.
„Wird das Projekt so umgesetzt, rückt das Dorf um ein Drittel näher an die Hünengräber heran“, sagt der NSG-Vorsitzende Roland Klockenhoff zu „SHZ.de“. Und auch seine Amtskollegin Maren Jessen von Sölring Foriining mahnt: „Freie Sichtachsen haben die Insel Sylt seit jeher geprägt. Eine solche Baumaßnahme wäre unumkehrbar.“
Rauer Ton auf Sylt
Erstaunlich: Das Archäologische Landesamt sieht indes offenbar keine Probleme. „Es befürwortet das Bauprojekt und stellt im Gegenzug Infotafeln über die Hünengräber auf dem geplanten Spielplatz in Aussicht. Als ob dies etwas relativieren würde“, so Jessen.
Für Kampens Bürgermeisterin Stefanie Böhm kommt die Reaktion der Vereine nicht überraschend. Dennoch ist sie alles andere als erfreut über die Art und Weise des Vorgehens.
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„Dass beide Vereine eine negative Stellungnahme zu unserem Bebauungsplan abgaben, haben wir nicht anders erwartet. Dass allerdings nun versucht wird, über die Öffentlichkeit Stimmung dagegen zu machen, macht mich richtig wütend. Leider scheint das auf unserer Insel der neue Ton zu sein“, so Böhm zu „SHZ.de“.
Sylt: „Alles, was gefordert wird, wird auch umgesetzt“
Sie verweist darauf, dass bislang keiner der Vereine persönlich Kontakt zu der Gemeinde aufgenommen habe, um darüber zu sprechen. Außerdem stehe man in engem Kontakt mit dem Ärchäologischen Landesamt.
„Es wurden Gutachten erstellt, Sichtachsen eingehalten, kurzum: Alles, was gefordert wird, wird auch umgesetzt“, sagt die Bürgermeisterin. Das letzte Wort dazu scheint auf Sylt also noch nicht gesprochen zu sein. (mk)