Die Urlaubssaison hat noch nicht mal richtig begonnen und schon Sylt gibt es reichlich Wirbel um die beliebte Nordsee-Insel. Wegen des 9-Euro-Tickets geben Horden an Trinkwilligen vor, das Eiland stürmen zu wollen (hier mehr dazu), außerdem macht sich die Punk-Szene einen Spaß daraus, die Nordsee-Insel zum Festival-Gelände zu erklären (hier mehr dazu).
Dann wäre da auch noch die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die mit ihrem Sohn per Heli nach Sylt flog (hier mehr dazu). Eine Menge Trubel, nachdem es in den Wintermonaten ruhig um die Insel stand.
Noch kein Chaos auf Sylt
Auf Sylt selbst ist es bislang aber noch ruhig. Das 9-Euro-Ticket gibt es erst ab dem 1. Juni und die Ankündigungen von Trinkwilligen und Punkern waren wohl in der Masse eher Späße. Klar dürfte aber sein, dass sich vor allem Normaltouristen bald mit dem 9-Euro-Ticket auf nach Sylt machen werden.
Das alles sind längst nicht die einzigen Nachrichten um Sylt, die zuletzt für Furore sorgten. Von Berlin aus mischte sich auch die erfolgreiche Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen!“ ein und brachte das Thema Enteignungen auf die Agenda.
Die Nordsee-Insel gehört ja bekanntermaßen zu den heißesten Immobilienmärkten Deutschlands. Ein geringes Angebot trifft auf zahlungskräftige Kundschaft und sorgt für astronomische Kaufpreise, daneben gesellt sich das viel zu knappe Wohnraumangebot für Insulaner und die damit verbundene Verdrängung der Einheimischen auf das Festland.
Wenn dann noch Hotel an Hotel und Ferienwohnung an Ferienwohnung gebaut wird, ist das Maß voll und Sylt endgültig auf dem Weg zum Teilzeit-Disneyland. Ein Insulaner, der den Immobilienmarkt gut kennt und scharf kritisiert, sagte kürzlich zu MOIN.DE: „Sylt wird irgendwann eine Geisterinsel. Kampen hat noch 200 Einwohner, ob Rantum überhaupt noch Sylter beherbergt ist mir schleierhaft.“ Er will dem Eiland ebenfalls den Rücken kehren.
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Nicht selten sind aber auch Einheimische selbst Schuld an der Misere, da sie der Verlockung des Geldes nicht widerstehen können und ihre Immobilien verkaufen, die von den reichen Neubesitzern dann oft nur ein paar wenige Wochen im Jahr genutzt werden.
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Das ist Sylt:
- Sylt ist die größte nordfriesische Insel und liegt in der Nordsee
- Nach Rügen, Usedom und Fehmarn ist Sylt die viertgrößte Insel Deutschlands
- Die Insel Sylt ist vor allem für ihre Kurorte Westerland, Kampen, Wenningstedt und den ca. 40 Kilometer langen Sandstrand im Westen bekannt
- Zahlreiche Gebiete auf und um Sylt sind als Schutzgebiete ausgewiesen. Auf der Insel gibt es allein zehn Naturschutzgebiete
- Der Tourismus ist seit über 100 Jahren auf Sylt von erheblicher Bedeutung, seit Westerland 1855 zum Seebad (Kurort) wurde
- Im Sommer befinden sich täglich rund 150.000 Menschen auf der Insel
- Zum Vergleich: Lediglich rund 18.000 Menschen leben auf Sylt
- Die Insel erreicht man mit dem Auto vom Festland mit dem Sylt-Shuttle der DB und dem Autozug, dazu verkehren Nahverkehrszüge und Inter City Züge der DB.
- Auch über den Flughafen Sylt ist die Insel per Linien- und Charterverbindungen zu erreichen
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Enteignungen auf Sylt?
Den ganzen Schlamassel umzukehren, ist mehr als schwierig. „Das Kind ist in den Brunnen gefallen“, meint der Insulaner zu MOIN.DE. Was könnte noch helfen? Vielleicht Enteignungen? Die brachte kürzlich die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen!“ auf ihrem Twitter-Kanal ins Spiel. Dort heißt es:
„Sommer, Sonne, Umverteilung – komm jetzt in unser Kiezteam im Außenbezirk Sylt. Es befindet sich gerade noch im Aufbau und braucht daher tatkräftige Unterstützung, damit die Vergesellschaftung gelingen kann!“
+++ Sylt im Abwärtstrend, Insulaner packt jetzt aus – „In den Brunnen gefallen“+++
„Strandhotels vergesellschaften“, heißt es zudem auf einem Flyer. „Genial!!“, schreibt jemand in einem Kommentar darunter.
Klingt zunächst nach einer sympathischen Idee: In vergesellschafteten Strandhotels ließe sich einfach Wohnraum für jene schaffen, die ihn brauchen und gleichzeitig zur Abwechslung mal Touristen statt Einheimische verdrängen. Das gleiche Gilt für die vielen Ferienwohnungen auf Sylt.
Keine Vergesellschaftungs-Initiative auf Sylt
In Berlin fordert die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen!“ private, profitorientierte Immobiliengesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin besitzen, zu enteignen und in Gemeineigentum zu überführen. Das würde den kompletten Immobilienmarkt von Grund auf Umkrempeln.
Mit ihrer Forderung, die nichts anderem als einer Revolution gleichkommt, war die Initiative durchaus erfolgreich. Gleichzeitig zur letzten Senatswahl wurde ein Bürgerentscheid durchgeführt, bei dem fast 60 Prozent der Berliner für das Vorhaben stimmten. Der Senat in der Hauptstadt muss jetzt prüfen, inwiefern das Begehren umgesetzt werden kann.
Wer nun auch Vergesellschaftungs-Träume für die Insel Sylt hegt, der muss an dieser Stelle aber enttäuscht werden. Denn auch die Sylt-Ankündigung von „Deutsche Wohnen und Co. enteignen!“ war nichts mehr als ein Spaß. Auf Nachfrage von MOIN.DE antwortet die Initiative:
„Der Mietenwahnsinn beziehungsweise die Konzentration von Kapital im Immobiliensektor zeigt sich in zugespitzter Form natürlich auch auf Sylt. Darauf wollten wir im Kontext der allgemeinen Social-Media-Aufmerksamkeit für die Insel augenzwinkernd hinweisen.“
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Sylt: Bürgermeister will Ferienwohnungen stoppen
Es müssen also zunächst einmal andere Ideen her, um der Lage auf Sylt zu beruhigen. Immerhin: Eine Beratungsfirma erstellte kürzlich ein Gutachten für die Gemeinde und kam zu dem Schluss, dass es zu viel zweckentfremdeten Wohnraum dort gibt.
Die Menge der Wohnungen, die durch Ferienwohnungen und auch Nebenwohnsitze dem Markt entzogen werden, sei immens hoch, heißt es in dem Gutachten. Die Folge seien ungewollte städtebauliche Effekte, zu denen vor allem der zunehmende Mangel an bezahlbarem Dauerwohnraum und Verkehrsbelastungen zählen.
„Es ist klar gesagt worden, wir müssen in den Bebauungsplänen sämtliche neuen Ferienwohnungen ganz konsequent ausschließen. Ohne Ausnahmen“, sagte daraufhin der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel.
Den bereits zweckentfremdeten Wohnraum zurückbringen tun solche Maßnahmen allerdings auch nicht. Wo dann das Thema Enteignungen wieder im Spiel wäre … (mit dpa)