„Der pulsierende Kern der Klimagerechtigkeit in Deutschland ist das Dorf Lützerath“, schreibt Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf Instagram zu dem aktuellen Aufruhr in dem Dorf in Nordrhein-Westfalen, das für Kohleabbau weichen soll. Der Energiekonzern RWE will die unter dem Dorf liegende Kohle abbaggern. Tausende Aktivisten aus Deutschland und Europa versammeln sich seit dem Wochenende, um das zu verhindern.
Die Räumung von Lützerath durch die Polizei hat am Mittwochmorgen (11. Januar) begonnen. Nach Einschätzungen könnte die Maßnahme mehrere Wochen dauern. Die Protestierenden errichteten mehrere Blockaden und Baumhäuser, ketteten sich an betonierte Gegenstände und bildeten Menschenketten und Sitzblockaden. Die Bundesregierung verteidigt die Räumung.
Lützerath-Proteste: Für Gewalt gebe es „null Verständnis“
Die Bundesregierung rechtfertigt demnach die Räumung des Braunkohledorfes Lützerath in NRW und kritisiert die Gewalt durch Demonstranten scharf. Es gebe eine „eindeutige Rechtslage, was Lützerath angeht, und die gilt es zu akzeptieren“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin.
Die letzten noch anhängigen Klagen gegen einen Abriss des Dorfs zur Kohlegewinnung seien abgewiesen worden. „Insofern erwartet die Bundesregierung, dass das Recht eingehalten wird“, so Hebestreit. Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich zu den Protesten.
„Wer brennende Barrikaden errichtet oder sich in wackligen Baumhäusern versteckt, bringt sich selbst und die Einsatzkräfte in große Gefahr“, betonte Faeser gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das sei verantwortungslos. Sie „habe null Verständnis für Gewalt – und null Verständnis dafür, politische Fragen auf dem Rücken von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auszutragen“, betonte die Innenministerin auch auf Twitter. Nach Polizeiangaben sollen vereinzelt Molotow-Cocktails, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Einsatzkräfte geworfen worden sein.
Lützerath: Räumung ist „richtige Entscheidung“
Sogar der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck, der gleichzeitig Bundesklimaschutzminister ist, verteidigt die Räumung in Lützerath: „Es ist die richtige Entscheidung, es ist eine gute Entscheidung für den Klimaschutz“. Zudem beende das Vorgehen „verbindlich die Abbaggerei im Rheinischen Revier ab 2030. Und fünf Ortschaften, in denen Menschen leben, werden gehalten“, so der Grünen-Politiker. Die Räumung von Lützerath sei „sicherlich nicht schön“, erklärte Habeck weiter. Es sei aber auch sehr viel gewonnen worden.
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Die Grüne Jugend unterstützt im Gegenzug die Aktivisten und stellt sich damit offen gegen die Linie ihrer Bundes- und Landespartei. Bundessprecherin Sarah-Lee Heinrich äußerte sich kritisch zum Kohle-Abbau im Rheinischen Revier. Timon Dzienus, Co-Sprecher der Grünen Jugend, kritisierte die Gewalt durch Polizeikräfte. „Ich habe erlebt, wie heute Morgen Dutzende Hundertschaften von Polizisten brutal auf das Gelände gestürmt sind und Demonstranten mit Hieben und Tritten angegriffen haben. Ich habe hier viele blutende Menschen gesehen“, sagte Dzienus der „Rheinischen Post“.
Auch Aktivistin Luisa Neubauer verurteilt die Entscheidung der Regierung scharf: „Es läge an der Bundesregierung, eine Energiepolitik zu finden, die vereinbar ist mit dem Pariser Abkommen und dem Recht auf Klimaschutz“, sagte Neubauer im Deutschlandfunk. Gleichzeitig unterstützt die „Fridays for Future“-Initiatorin die Protestierenden: Es gebe jede Legitimität, jedes Recht für Menschen, vor Ort zu sagen: ‚Die Bundesregierung hat gerade anscheinend nicht den Mut, RWE eine Ansage zu machen, wir aber schon.'“
In einem Live-Ticker findest du alle aktuellen Informationen rund um Lützerath.