Was war da bitte los am späten Dienstagabend im ZDF bei Markus Lanz? Zugeschaltet ins Studio war die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Und die und der Moderator kamen minutenlang so überhaupt nicht auf einen Nenner.
Markus Lanz ist dafür bekannt, in seinen Sendungen penetrant nachzuhaken, wenn er keine Antwort auf eine Frage bekommt – oder er sie nicht versteht. Immer wieder entlockt er seinen Gästen damit pikante Details – manchmal aber auch nicht. Am Dienstag nahm Lanz Manuela Schwesig in die Mangel.
Markus Lanz spricht gegenüber Manuela Schwesig von „Niederlage“
Schon der Einstieg des Moderators bei dem Thema passte der Ministerpräsidentin dabei überhaupt nicht. Er sprach nämlich von einer „Niederlage“ vor Gericht, die Manuela Schwesig und die Landesregierung erlitten hätten.
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Hintergrund: Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald (OVG) hatte vor Kurzem Teile des Corona-Stufensystems der Landesregierung gekippt. Die Richter kritisierten, wie die Auslastung der Kapazitäten auf den Intensivstationen (ITS) bemessen wird.
Manuela Schwesig und die Landesregierung hatten vorgesehen, dass für die Bemessung nur noch die für Corona-Patienten vorgesehenen Betten angeführt werden. Davon soll es 100 Stück geben. Zuvor wurde noch die Zahl aller Intensivbetten in Mecklenburg-Vorpommern genutzt – 600. Also noch die 500 „normalen“ dazu.
Das Gericht bemängelte, dass die Festlegung der Zahl 100 nicht schlüssig begründet wurde. Nun gilt also wieder die alte Regel: Die Warnstufe Rot ist erreicht, wenn 15 Prozent der 600 Betten mit Corona-Patienten belegt sind.
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Hat Manuela Schwesig dramatisiert?
Markus Lanz führt an, dass man mit der 100er-Grenze möglicherweise in der Öffentlichkeit dramatisiert habe. Seine Argumentation: Wenn man nur von 100 Corona-Betten ausgeht und dann 80 Corona-Patienten hat, ist das eine Auslastung von 80 Prozent, was dramatisch klingt. „Das macht den Leuten Angst“, meint Markus Lanz.
Nimmt man aber alle 600 Betten im Land als Grundlage, dann liegt die prozentuale Auslastung bei 80 Corona-Patienten theoretisch nur bei etwa 13 Prozent. Die Problem dahinter: Die restlichen 500 Betten sind in der Regel nahezu komplett gefüllt – mit allen möglichen anderen Krankheiten.
Laut Manuela Schwesig wollte man der Öffentlichkeit mit der Festlegung auf die 100 Betten zeigen, wie schlimm das Problem mit Corona tatsächlich ist. „Damit die Leute es verstehen […]. Wir haben natürlich aber den Blick auf alle.“
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Das ist Manuela Schwesig:
- Manuela Schwesig wurde am 23. Mai 1974 in Frankfurt (Oder) geboren. Aufgewachsen ist sie in Seelow in der DDR.
- Sie lebt mit ihrem Mann und den beiden Kindern in Schwerin.
- Sie gehört seit 2003 dem Vorstand des SPD-Kreisverbands Schwerin an und seit 2005 dem Vorstand der SPD Mecklenburg-Vorpommern.
- Von 2008 bis 2013 war sie Landesministerin in Mecklenburg-Vorpommern und von 2013 bis 2017 Bundesfamilienministerin unter Angela Merkel.
- Seit dem 4. Juli 2017 ist Schwesig Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzende der SPD Mecklenburg-Vorpommern.
- In beiden Ämtern ist sie die Nachfolgerin von Erwin Sellering, der sein Amt wegen einer Krebserkrankung aufgab.
- Manuela Schwesig erkrankte 2019 selbst an Krebs. Ihre Erkrankung gilt als überwunden.
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Manuela Schwesig leicht genervt von Lanz
Markus Lanz reitet in der Sendung mehrfach auf dem Gerichtsurteil und Schwesigs 100-Betten-Bemessungsgrundlage rum. Wir die Lage damit dramatisiert oder ein „apokalyptisches“ Bild gezeichnet? Die 47-Jährige verteidigt sich immer wieder und macht deutlich, man habe die Nicht-Corona-Betten nicht vergessen.
Als der Moderator schließlich den Leiter des Gesundheitsamtes in Köln, Johannes Nießen, die Frage stellt, ob eine Auslastung von 80 Prozent nicht viel zu dramatisch klingt und es besser ist, die 600 als Grundlage zu nehmen, reicht es Manuela Schwesig. Sie fällt den beiden leicht genervt ins Wort:
„Entschuldigung, ich muss Ihnen widersprechen. Sie stellen das echt falsch dar. Ich gebe ihnen recht, wenn die anderen 500 Betten frei wären. Die sind aber nicht frei, die sind belegt mit lauter anderen schweren Erkrankungen und die 100 haben wir zusätzlich freigeschaufelt für Corona.“
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Epidemologe meldet sich zu Wort
Man stelle die Bemessung um wie das Gericht es möchte, aber die Lage ändere sich dadurch nicht – weil fast alle Intensivbetten nun mal voll seien.
Da versteht auch Markus Lanz im Ansatz, worauf die Ministerpräsidentin hinaus will: „Heißt das übersetzt, Frau Schwesig, diese anderen 500 Betten, die da noch sind, die waren die Monate über immer voll ausgelastet mit Nicht-Corona-Patienten?“ Das kann Manuela Schwesig nur noch bejahen.
Ob man nun eine Zahl von 100 nahezu vollen Corona-Betten oder insgesamt 600 nahezu vollen Betten im ganzen Land an die Öffentlichkeit herausgibt – es klingt beides dramatisch.
Gegenüber Epidemologe Timo Ulrichs bricht aus Markus Lanz dann plötzlich doch nochmal seine eben von Schwesig widerlege Argumentation heraus. Auch von dem Experten wird der Moderator dann nochmal auf den Sachverhalt hingewiesen: „Es ist eben so, dass es eben noch die anderen intensivpflichtigen Patienten gibt, die immer schon da waren.“
Er hält es aber für sinnvoll, die 600 zur Rate zu ziehen und nicht Schwesigs 100. Man müsse immer die Gesamtlage betrachten. (rg)