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Nordsee: Dieses Verbrechen aus dem Norden ist grausam wie das an Maddie McCann – doch kaum jemand kennt den Fall

Nordsee: Dieses Verbrechen aus dem Norden ist grausam wie das an Maddie McCann – doch kaum jemand kennt den Fall

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Im Mai 2004 verschwand in Cuxhaven an der Nordsee ein Mädchen. Der Fall erinnert an den von Maddie McCann (Symbolbild). Foto: imago images

Bis heute sorgt der Fall Maddie McCann für Aufsehen. Das Mädchen verschwand vor mehr als 13 Jahren kurz vor ihrem vierten Geburtstag in einer Ferienanlage in Portugal. Im Mai 2004 – also vor mehr als 16 Jahren – verschwindet auch in Deutschland ein Kind. Die damals achtjährige Levke Straßheim aus dem Cuxhaver Stadtteil Altenwalde an der Nordsee wird unmittelbar vor ihrem Elternhaus entführt.

Ihr Entführer und späterer Mörder ist Marc Hoffmann. Auf der Suche nach kleinen Kindern fährt er an diesem Tag durch die Gegend an der Nordsee.

Als er die kleine Levke entdeckt, lockt er sie in sein Auto. Wie sich der Fall später entwickeln würde, kann zu dieser Zeit noch noch niemand an der Nordsee erahnen. Denn bis Marc Hoffmann am 29. Juni 2005 verurteilt wird, vergeht nicht nur mehr als ein Jahr – es kommen auch viele dunkle Details ans Licht.

Nordsee: Ein Mädchen verschwindet in Cuxhaven

Am Donnerstag, den 6. Mai 2004 vergisst Levke Straßheim am Morgen, ihren Haustürschlüssel mit zur Schule zu nehmen. Dies stellt sie erst in der Schule fest. Dennoch macht sie sich nach Unterrichtsschluss um 12.15 Uhr mit einer Mitschülerin auf den Weg nach Hause.

Um 12.30 Uhr verabschieden die beiden sich an Levkes Elternhaus. Um 12.50 Uhr soll ihr Vater von der Arbeit nach Hause kommen. Doch als dieser Zuhause ankommt, ist das junge Mädchen bereits verschwunden.

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Unter dem Vorwand, dass ihrer Mutter etwas passiert sei, wurde Levke von Marc Hoffmann angesprochen. Er sagt später aus, dass er sie zufällig auf dem Bürgersteig stehen sah. Anschließend steigt die Achtjährige in das Auto des Mannes, der sie töten wird.

Marc Hoffmann versteckt Leiche an der Nordsee

Danach verliert sich ihre Spur. Niemand beobachtete, was geschah. Karsten Bettels, leitender Ermittler im Fall Levke Straßheim, sagt MOIN.DE: „Seitens der Polizei wurde das Verschwinden von Levke Straßheim von Anfang an so ernst genommen, dass alle erforderlichen Maßnahmen, auch unter Berücksichtigung des Vorliegens einer Straftat, eingeleitet wurden.“

Doch trotz intensiver Suchmaßnahmen bleibt Levke verschwunden. Denn Hoffmann fährt mit dem Kind rund 60 Kilometer weiter. Südlich von Bremerhaven missbraucht er sie. Danach fährt er mit ihr erneut 50 Kilometer, ehe er das Mädchen in einem Waldstück bei Neuenwalde mit einem Kabelbinder tötet.

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Ihre Leiche legt Marc Hoffmann in dem dortigen Waldgebiet ab. Er bedeckt das tote Mädchen mit Ästen und Laub. Ihre Jacke und den Ranzen bringt er zu einem Waldparkplatz im benachbarten Flögeln. Anschließend fährt er zum Abendessen zu seiner getrennt lebenden Frau und seinen beiden Kindern.

Jacke und Ranzen von Levke werden an der Nordsee gefunden

Nur einen Tag später werden die persönlichen Dinge von Levke gefunden. Ein Mann entdeckt am Vormittag in einem Mülleimer auf dem Waldparkplatz ihre Jacke. Weil der Mann auf die Toilette muss, geht er kurz in den Wald.

Dort findet er ihren Schulranzen und den Sportbeutel. Seinen Fund meldet er umgehend der Polizei. „Ab diesem Zeitpunkt stand das Vorliegen einer schwerwiegenden Straftat deutlich im Mittelpunkt der Ermittlungen“, sagt Karsten Bettels, ehemaliger Leiter der Sonderkommission (Soko), MOIN.DE.

Marc Hoffmann fährt erneut zum Tatort an der Nordsee

Marc Hoffmann fährt am Nachmittag des gleichen Tages erneut zum Ablageort des Leichnams in Neuenwalde. Dort lädt er Levke in den Kofferraum seines Autos. Nichtsahnend will er zu dem Waldparkplatz in Flögeln fahren, an dem er am Tag zuvor die Jacke und den Ranzen entsorgt hat.

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Doch der Parkplatz ist von der Polizei bereits großflächig abgesperrt. Als er an eine Absperrung in der Nähe des Parkplatzes fährt, wird er von Polizeibeamten weggeschickt.

Marc Hoffmann fährt von der Nordsee ins Sauerland

In seinem Artikel in einem Buch einer Schriftenreihe der Sächsischen Hochschule der Polizei über die Arbeit in Sonderkommissionen berichtet Karsten Bettels über Marc Hoffmann: „Er beschrieb die Situation, dass ihm fast der Schädel explodiert wäre.“

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Das ist die Nordsee:

  • die Nordsee ist ein Randmeer des Atlantischen Ozeans
  • die Nordsee ist ein wichtiger Handelsweg und dient als Weg Mittel- und Nordeuropas zu den Weltmärkten
  • die Fläche beträgt 570.000 Quadratkilometer
  • sie ist bis zu 700 Meter tief

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Mit der Leiche von Levke im Kofferraum fährt Hoffmann noch am gleichen Tag rund 400 Kilometer weiter ins Sauerland. Südöstlich von Attendorn im Kreis Olpe (Nordrhein-Westfalen) versteckt er sie im Wald. Es sollen Monate vergehen, bis sie gefunden wird.

Pilzsammler finden Leiche von Levke weit entfernt von der Nordsee

Die eingerichtete Sonderkommission geht in dieser Zeit rund 2.500 Ermittlungsspuren nach. „Eine herausfordernde Zeit“, erinnert sich Karsten Bettels. „Die bewältigt man nur gemeinsam im Team.“

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Am 23. August finden Pilzsammler eine Leiche in dem Wald auf der Reper Höhe im Sauerland. Die Verwesung des Leichnams war bereits weit fortgeschritten. Eine DNA-Analyse bestätigt letztlich, dass es sich um Levke handelt.

Die Fahndung nach dem Mörder beginnt. Dabei helfen soll auch ein Öffentlichkeitsaufruf. „Wir haben dazu aufgerufen, uns Personen zu nennen, die einen Bezug zwischen Cuxhaven und dem Sauerland haben“, erklärt Karsten Bettels MOIN.DE.

Nordsee-Fall wird bei „Aktenzeichen XY“ gezeigt

Auch in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ wird der Fall – ähnlich wie bei Maddie McCann – gleich mehrmals thematisiert. Immer wieder gehen die Ermittler mit kleinen Hinweisen an die Öffentlichkeit.

Dahinter stecken ermittlungstaktische Gründe, die den Täter unter Druck setzen sollen. In Folge der öffentlichen Maßnahmen erhalten die Ermittler Hinweise auf eine dreistellige Anzahl von Personen. Unter ihnen wird auch Marc Hoffmann genannt.

Nordsee: Marc Hoffmann tötet erneut

Offenbar unbeeindruckt von der Großfahndung, wird er aber wieder zum Mörder. Am 30. Oktober schnappt sich Hoffmann den achtjährigen Felix Wille aus Neu Ebersdorf, zwischen Bremerhaven und Hamburg. Wiederum entdeckt er den Jungen, der mit seinem Fahrrad unterwegs ist, zufällig.

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Auch an ihm vergeht er sich und tötet ihn mit bloßen Händen. Die Leiche entsorgt er nahe Bremerhaven in dem Fluss Geeste. Das Fahrrad versenkt er in seiner alten Heimat: in der Lister Talsperre bei Attendorn.

Nordsee: Marc Hoffmann wird zum ersten Mal vernommen

Am 16. November wird Marc Hoffmann zum ersten Mal im Fall Levke Straßheim vernommen. Bereits vorher hatten Ermittler mehrfach versucht, ihn in seiner Wohnung aufzusuchen. Weil er jedoch nie angetroffen wird, erhält er schriftlich eine Vorladung – der er nachkommt.

Dabei gibt er auch eine freiwillige Speichelprobe ab. Außerdem stimmt er dem Abkleben seiner Fahrzeugsitze und des Kofferraums zu. Es erweckt den Anschein, als sei sich Hoffmann sicher gewesen, nicht überführt zu werden.

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Und: Hoffmann hat ein Alibi. Er gibt an, am Tattag des 6. Mai für eine Abbruchfirma nahe Bremerhaven gearbeitet zu haben. Noch in der Vernehmung wird es telefonisch geprüft – und von den dortigen Mitarbeitern bestätigt.

Nordsee: Das Alibi von Marc Hoffmann platzt

Zwei Tage später, am 18. November, wird das Alibi von Hoffmann in der Bremerhavener Firma noch einmal überprüft. Dabei stellt sich heraus, dass er an diesem Tag als Beifahrer auf einem LKW eingesetzt war.

Da der Fahrer aus persönlichen Gründen ab 10 Uhr aber seine Arbeit beendete und sich für Hoffmann keine weitere Verwendung fand, wurde er nach Hause geschickt. Dies wurde jedoch nicht in den Firmenunterlagen vermerkt.

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Weil der LKW-Fahrer aber den Namen seines Beifahrers auf der Diagrammscheibe notiert hatte, erinnerte sich die Firma daran zurück. Und damit platzte das Alibi von Hoffmann.

Nordsee: Marc Hoffmann gesteht den Mord an Levke Straßheim

Zwischenzeitlich wurde auch die DNA von Hoffmann sowie die Klebefolien aus seinem Auto überprüft. Die Fasern passen zu der von Levke gefundenen Jacke und die DNA darauf gehört wahrscheinlich Hoffmann.

Doch die Daten reichen nicht aus, um ihn sofort festzunehmen. Also wird er Anfang Dezember erneut befragt. In der Vernehmung am 8. Dezember gesteht er dann den Mord an Levke Straßheim.

Nordsee: Marc Hoffmann gesteht auch den Mord an Felix Wille

Rund einen Monat später erzählt Hoffmann einem Mithäftling in der Untersuchungshaft von dem Mord an Felix Wille. Sein Rechtsanwalt erhält davon am 7. Januar 2005 Kenntnis und meldet es umgehend der Staatsanwaltschaft Stade.

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Noch am selben Tag verrät Hoffmann, wo sich die Leiche des Jungen befindet. Unter einer Brücke Nahe der Ortschaft Bramel wird seine Leichnam verschnürt in einem Plastiksack gefunden.

Am 9. Mai 2005 beginnt der Prozess gegen Marc Hoffmann. Während der gesamten Prozesstage schweigt Hoffmann. Sein Mitinsasse hingegen berichtet, dass er ihm weitere Morde gestanden habe.

Nordsee: Marc Hoffmann wird verurteilt

Doch verwertbare Nachweise über weitere Tötungsdelikte konnte die Sonderkommission um Karsten Bettels Marc Hoffmann nicht nachweisen. Unter anderem das Verschwinden der zehnjährigen Adelina Pismak am 28. Juni 2001 in Bremen-Kattenturm wurde untersucht.

„Insgesamt wurden über die Zeit der Soko Levke mehr als 4.000 Ermittlungsspuren bearbeitet“, sagt Karsten Bettels MOIN.DE. Ob Marc Hoffmann aber für die Tat an Adelina verantwortlich ist, bleibt sein Geheimnis.

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Mehr News zur Nordsee:

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Am 29. Juli 2005 wird er vom Landgericht Stade zu einer lebenslangen Freiheitsstraße mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

Der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer, Berend Appelkamp, begründete das Urteil damit, dass Hoffmann „anderen unvorstellbares Leid zugefügt“ habe. Der Verurteilte nahm das Urteil ohne erkennbare Regung auf.

Nordsee: Marc Hoffmann wird das Gefängnis wohl nie wieder verlassen

Derzeit verbüßt Marc Hoffmann seine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er das Gefängnis nie wieder verlassen wird.

Auch der Mordverdächtige im Fall Maddie McCann, Christian B., bleibt noch für längere Zeit im Gefängnis. Der Bundesgerichtshof hat kürzlich seine Revision gegen ein Ende 2019 ausgesprochenes Urteil gegen ihn abgelegt. Alles Weitere dazu liest du >> hier.

Nordsee-Fall im Vergleich zu Maddie McCann

Und während das Interesse an dem Fall Levke Straßheim mit den Jahren zunehmend abgenommen hat, ist es bei Maddie McCann weiterhin groß. Der Fall dominiert immer wieder die Medien. Das zeigt auch ein Blick auf die Google-Suchergebnisse.

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Fast zwei Millionen Treffer lassen sich zu Maddie McCann finden, für das kleine Mädchen aus Cuxhaven sind es hingegen nur rund 665. Der Fall blieb also völlig unter dem Radar, auch wenn er mindestens genauso grausaum ist.

Nordsee-Fall hat Karsten Bettels geprägt

Dass Fälle, wie der von Levke Straßheim, nicht in Vergessenheit geraten dürfen, betont auch Karsten Bettels immer wieder. Manchmal sei es nur Glück, ob ein Opfer gefunden wird oder nicht – „ob es ein Vermisstenfall bleibt oder ob es zu einem Tötungsdelikt wird.“ So wie bei Levke.

Doch dieses „Glück“ haben andere Fälle nicht. Aus diesem Grund hat der 58-Jährige bereits vor einigen Jahren den Studiengang „Cold Cases“ an der Polizeiakademie Niedersachsen ins Leben gerufen. Mit seinen Studenten sieht er sich zweimal pro Jahr ungeklärte Vermisstenfälle und Tötungsdelikte an. Mehr über seine Arbeit kannst du >> hier lesen.

„Es gibt immer wieder Ansatzpunkte, auch wenn sie schon 20, 30 Jahre oder jünger her sind, versucht man diese Fälle polizeilicherseits am Laufen zu halten“, sagt Karsten Bettels.