Es ist eine Nachricht, die für viele Fischer an der Ostsee das endgültige Aus besiegelt. Die neuen Fangquoten, die vor einigen Wochen bekanntgegeben worden sind, schränken den Fischfang noch einmal enorm ein.
Für hunderte Berufsfischer, die ohnehin schon seit Jahren ums Überleben kämpfen, ein Drama. Hilfe von der Regierung, die sich um die Ostsee-Fischer kümmern will, ist noch nicht in Sicht. Und die Mittel dafür sind sehr begrenzt.
Ostsee: Fischerei in Existenzkrise
Nach Ansicht von Umwelt- und Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) kann das Land die Probleme der Ostseefischerei nicht alleine lösen.
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„Die Lage ist so dramatisch wie noch nie“, sagte Albrecht und verwies auf die jüngsten europäischen Beschlüsse, nach denen der Fang von Dorsch und Hering in der westlichen Ostsee im kommenden Jahr kaum noch möglich sein wird. Die höheren Fangquoten für Plattfische wie Scholle könnten das nicht ausgleichen.
Nach Überzeugung des Ministers besteht eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Die Bundesregierung werde voraussichtlich Ende November zu einem ersten Gespräch einladen.
Einzelmaßnahmen für die Ostsee?
Albrecht nannte mehrere Einzelmaßnahmen, die helfen könnten, die Situation der Fischereibetriebe zu verbessern, darunter eine weitere Verringerung der Flotte durch geförderte endgültige Stilllegungen von Schiffen oder die Förderung von moderneren und umweltgerechteren Fanggeräten.
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Das ist die Ostsee:
- auch Baltisches Meer genannt
- die Ostsee ist das größte Brackwassermeer der Erde
- die Fläche beträgt 412.500 Quadratkilometer
- sie ist bis zu 459 Meter tief
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Er sei trotz der Entwicklung überzeugt, dass es auch in Zukunft überlebensfähige Betriebe geben werde. Der AfD-Abgeordnete Volker Schnurrbusch machte die EU für den Niedergang der deutschen Fischerei verantwortlich. Bei der Zuteilung der Fangquoten seien deutsche Interessen wie üblich ignoriert worden.
Sauerstoffmangel in der Ostsee
Die Parlamentarier der anderen Fraktionen sahen andere Gründe. „Die Wasserqualität der Ostsee ist verbesserungsbedürftig“, sagte Oliver Kumbartzky von der FDP. Es gebe sogenannten Todeszonen, in denen in Bodennähe kaum noch Sauerstoff vorhanden sei, was den Lebensraum des Dorsches einschränke.
Die durch den Klimawandel verursachte steigende Wassertemperatur sorge dafür, dass der Dorsch in kühlere nördliche Gewässer ausweiche. Andere Fischarten, wie der sonst eher aus dem Mittelmeerraum bekannte Wolfsbarsch, tauchen dafür vermehrt in Nord- und Ostsee auf.
Kritisch bewertete Kumbartzky die Beschränkung der Angelfischerei auf einen Dorsch pro Tag und Angler. Am Angeln an der Ostsee hingen insgesamt mehr Arbeitsplätze, mehr Umsatz und somit mehr Wertschöpfung als an der Fischerei. Für einen Fisch pro Tag reise niemand mehr aus Süddeutschland an die Ostsee.
Fischbestände der Ostsee müssen sich erholen
Aus Sicht des CDU-Abgeordneten Klaus Jensen müsse das Ziel zunächst sein, die Fischbestände sich erholen zu lassen. „Ob die jetzt beschlossenen Maßnahmen dieses Ziel erreichen, ist keineswegs gesichert“, sagte er mit Blick auf Aussagen von Wissenschaftlern.
Langfristig müsse eine nachhaltige Nutzung der Fischbestände erreicht werden. Er schlug vor, eine befristete Stilllegung von Fangfahrzeugen als Überbrückung für Betriebe, die weitermachen wollen, zu ermöglichen.
Auch der Grünen-Abgeordnete Bernd Voß hält ein gemeinsames Handeln von Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und dem Bund für richtig. Er mahnte zur Eile, ein runder Tisch werde an seinen zeitnahen Ergebnissen gemessen werden. „Wir dürfen unsere Fischerei nicht im Regen stehen lassen.“ Für den SSW forderte Lars Harms, Land und Bund müssten mehr bieten als Abwrackprämien.
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Es habe sich schon lange angedeutet, dass Fangbeschränkungen erforderlich sein würden, sagte die SPD-Abgeordnete Kerstin Metzner. „Im Dialog mit Fischerei, Naturschutz und Wissenschaft wollen wir eine nachhaltige Fischereipolitik, die sich dem Einklang zwischen Lebensraum und Wirtschaftsraum verpflichtet sieht.“ Voraussetzung seien in jedem Fall überlebensfähige Fischbestände.
Die Abgeordneten verwiesen das Thema zur weiteren Beratung in den Umwelt-, Agrar- und Digitalisierungsausschuss. (dpa/lh)