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Ostsee: Beliebte Gaststätten schließen für immer ihre Türen – der Grund ist traurig

Ostsee: Beliebte Gaststätten schließen für immer ihre Türen – der Grund ist traurig

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© picture alliance / Laci Perenyi

Nordsee vs. Ostsee: Das unterscheidet beide voneinander

Was sind die Unterschiede zwischen Nord- und Ostsee?

An der Ostsee ging kürzlich insbesondere für Gastronomen und Betreiber von Gaststätten ein bitteres Jahr zuende. Die Folgen der Corona-Pandemie und des langen Lockdowns haben in den vergangenen Monaten deutlich Spuren hinterlassen.

Zahlreiche Lokale, Restaurants und alteingesessene Traditionsbetriebe an der Ostsee haben bereits kapituliert – und es werden nicht weniger (MOIN.DE berichtete). Vielen blieb keine andere Wahl, als für immer dicht zu machen. Und der Blick in die Zukunft sieht ziemlich düster aus.

Ostsee: „Zum Nichtstun verbannt“

„Schlechter kann es nicht werden“, ist sich Lars Schwarz sich sicher. Als Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) für Mecklenburg-Vorpommern hat er einen umfassenden Überblick über die missliche Lage seiner Branche.

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Das Jahr 2021 startete genauso, wie es das vorherige Jahr geendet hatte: Mit einem Lockdown. Fünf Monate am Stück waren Gaststätten und Hotels „zum Nichtstun verbannt“, sagt Schwarz. Neben dem wegfallenden Umsatz machte den Betrieben auch die Perspektivlosigkeit zu schaffen.

Bei den regelmäßigen, zweiwöchigen Treffen der Ministerpräsidenten habe man immer wieder aufs Neue verzweifelt auf eine Öffnung gewartet. Und sei jedes Mal wieder enttäuscht worden.

Personalmangel an der Ostsee

„Wir waren angeblich nicht systemrelevant“, erinnert sich der Dehoga-Präsident. „Das hat natürlich mit den Unternehmern, aber auch mit den Mitarbeitern was gemacht“, folgert er. Ein „nicht unerheblicher Teil“ der Mitarbeiter habe der Branche den Rücken gekehrt.

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Das ist die Ostsee:

  • auch Baltisches Meer genannt
  • die Ostsee ist das größte Brackwassermeer der Erde
  • die Fläche beträgt 412.500 Quadratkilometer
  • sie ist bis zu 459 Meter tief

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Als Ausweg aus der Not haben sich zahlreiche Mitarbeiter nach neuen, vermeintlich sicheren Aufgabenfeldern umgeschaut. „Weil der Gesetzgeber uns verboten hat, unseren Job zu machen und uns auch nicht gesagt hat, wann es wieder losgeht“, erklärt Schwarz.

Gute Hauptsaison an der Ostsee

Hinzu kommt, dass man in Mecklenburg-Vorpommern deutlich später in die Saison starten durfte als manche Nachbarsbundesländer. Es folgte „eine kurze, aber gute Saison“, fasst der Experte zusammen. Doch auch in den Sommermonaten machten sich die ersten Folgen des Lockdowns bemerkbar.

Aufgrund des fehlenden Personals mussten viele Gaststätten den Betrieb reduzieren. Mehr Ruhetage einlegen, die Öffnungszeiten verkürzen oder – im Schlimmstfall – vollständig schließen. „Das sind natürlich alles Sachen, mit denen wir überhaupt nicht zufrieden sind“, klagt der Dehoga-Präsident.

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Durch die strengen Hygienemaßnahmen und die einzuhaltenden Abstände konnten die Kapazitäten der Lokale und Hotels ohnehin nicht vollständig ausgelastet werden. Viele Hotels seien nur noch zu 60 oder 70 Prozent ausgelastet. Bei Personalmangel noch weniger. Ein Teufelskreis.

Scharfe Maßnahmen an der Ostsee

Dieser nahm Ende 2021 noch einmal richtig Fahrt auf. Ende November hat Mecklenburg-Vorpommern wiederum vor allen anderen Bundesländern schärfere Maßnahmen umgesetzt. Schon damals hat die Landesregierung 2G Plus beschlossen.

Nur noch Gemipfte und Genesene mit negativem Test durfte also noch Zutritt zu Unterkünften und Gaststätten gewährt werden. Eine Regel, die im Rest von Deutschland erst seit wenigen Tagen greift. So sei ein Teil des November- und ein Großteil des Dezembergeschäftes verloren gegangen.

Zwar habe man auch 2020 schon unter dem Lockdown gelitten, aber „das ist im Vergleich alles nichts zu 2021. Da muss man wirklich sagen: Das ist schon echt ein wirklich schlechtes Jahr gewesen“, sagt Schwarz im Rückblick.

Folgen für die Zukunft der Ostsee-Betriebe

Das Pandemiejahr 2021 und der politische Umgang damit werde für die betroffenen Branche noch lange Nachwirkungen haben. Und das zusätzlich zu den bereits bestehenden Problemen. Das Image der Gastronomie sei nachhaltig verändert worden.

„Gegessen und getrunken wird immer. Wir galten als krisensichere Branche“, erklärt der Experte. „Da ist jeden Tag Betrieb, jeden Tag Action“, fügt er hinzu. Eine Tatsache, die durch die staatliche Zwangsschließung nun mächtig in Frage gestellt werde.

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Das könnte dem Gastgewerbe langfristig den Boden unter den Füßen wegziehen und sich beispielsweise auf den Nachwuchs auswirken. Weil die Hotellerie und Gastronomie nicht mehr als systemrelevant und krisensicher gelten, befürchtet der Dehoga-Präsident, dass weniger Ausbildungsplätze besetzt werden.

Düstere Zukunftsaussichten an der Ostsee

Eltern den Kindern von der Branche abraten und potentielle Bewerber sich den Schritt ins Gastgewerbe lieber zweimal überlegen. „Und das ist natürlich fatal bei dem Fachkräftebedarf, den wir haben“, prophezeit Lars Schwarz. Folgeschäden, die sich erst mit der Zeit offenbaren werden.

Der Dehoga versucht bereits jetzt, entgegenzuwirken. Seit Längerem bereits läuft eine Ausbildungskampagnen für junge Leute. Ein junges Team klappert in einem Foodtruck Schulen ab, um mit den Schülern zu kochen und sie für die Berufe im Gastgewerbe zu begeistern.

Wenig Hoffnung für 2022 an der Ostsee

Außerdem sei man dabei, einen Aktionsplan auszuarbeiten, „in dem wir ganz konkret benennen, wie wir zumindest versuchen wollen, den Fach -und Arbeitskräftebedarf in der Branche ein Stück weit zu decken“, erzählt der Fachmann.

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Der aktuelle Ausblick auf dieses Jahr macht leider (noch) wenig Hoffnung. Die Vor-Buchungsstände seien „noch sehr verhalten“, besonders für die kommenden Monate bis einschließlich März. „Da sieht es sehr übersichtlich aus und deutlich übersichtlicher als letztes Jahr.“

Und das obwohl man sich letztes Jahr im Lockdown befand. „Es ist deutlich ruhiger als sonst zu dieser Jahreszeit“, berichtet Schwarz. Doch der Trend gehe seit der Pandemie ohnehin zu kurzfristigen Buchungen. „Und wenn Urlauber buchen, ist es auch kein sicheres Geschäft“, sagt der Experte.

Neue Stammgäste an der Ostsee

Seit Corona sei es üblich, den Gästen kurzfristige Stornierungsmöglichkeiten einzuräumen. Was also tatsächlich von den Vor-Buchungen zustande kommt, wisse man erst im Nachhinein. Bei Stammgästen, die seit Jahren immer wiederkommen, könne man eigentlich fest mit der Buchung rechnen.

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Und genau hier sieht der Dehoa-Präsident einen Lichtblick, der aus der Krise erwächst. „Wir haben aber in dieser Pandemie auch sehr viele Ersturlauber im Land begrüßen können“, erzählt Lars Schwarz. Diese ebenfalls zu Stammgästen zu machen, sieht der Experte als aktuelle Aufgabe seiner Branche an.

Urlaub an der Ostsee

Und die Chancen dafür stehen gut. Urlaub in der Heimat ist ein Trend, der nicht abzureißen scheint. Mecklenburg-Vorpommern könne in den Augen von Lars Schwarz vor allem bei naturnahem, umwelt- und familienfreundlichem Urlaub punkten.

Auch die Nebensaison könnte langfristig attraktiv für Urlauber werden. Der Dehoga-Präsident hofft zudem, dass „auch Landes und Bundesregierung aus ihren Fehlern lernen“ und das Gastgewerbe nicht noch einmal komplett lahmlegen.

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Schließlich gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Branche an einer erhöhten Infektionslage schuld sei. Lars Schwarz ist überzeugt davon, dass es trotz allem einen Ausweg aus der Krise gibt. „Das ist ein deutlicher Dämpfer, den wir haben. Aber die Branche wird weiterwachsen“, prognostiziert er.

„Es sind große Aufgaben, die vor uns liegen“, fasst er noch einmal zusammen. Aber man sei nicht angetreten, um den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil sei man bemüht, aus der jetzigen Situation das Beste zu machen.

„Wir sind kämpferisch“, stellt Lars Schwarz klar. Das klingt doch nach der richtigen Einstellung! (lh)