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Sylt geht zugrunde, Einheimische verzweifelt – „Gesunden Menschenverstand einschalten“

Sylt geht zugrunde, Einheimische verzweifelt – „Gesunden Menschenverstand einschalten“

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© picture alliance/dpa | Christian Charisius

Sylt: Fünf überraschende Fakten zur Insel

Sylt ist eines der beliebtesten Reiseziele in Deutschland. Wir haben fünf überraschende Fakten zur Insel gesammelt.

Geht Sylt den Bach runter? Die Immobilienpreise steigen ins Unermessliche (hier mehr dazu), Einheimische werden verdrängt und reihenweise schließen Lokale und Gaststätten für immer ihre Pforten.

Inzwischen ist sogar die Grundversorgung auf Sylt in Gefahr (alle Infos hier). Und auch das letzte Postamt auf der Insel ist den rasanten Entwicklungen zum Opfer gefallen. Eine gebürtige Sylterin ist deshalb verzweifelt – und trifft mit ihrem „Brandbrief“ einen Nerv.

Sylt: Eine Insel in der Abwärtsspirale

Susanne Mathiessen hat ihre Kindheit auf Sylt zu einem Roman verarbeitet. Damit landete die Autorin nicht nur in den Bestsellerlisten, sie kann aus erster Hand Veränderungen der beliebten Nordsee-Insel nachzeichnen – nun legte sie eine schonungslose Analyse der aktuellen Lage vor.

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10 Tipps für Urlaub an der Nordsee:

  • Lütetsburg
  • Cuxhaven
  • Sankt Peter-Ording
  • Wattenmeer, zum Beispiel Neuwerk oder Nordstrand
  • Husum
  • Niedersachsens Küste: Neuharlingersiel, Dangast, Greetsiel
  • Festlandorte in Schleswig-Holstein, zum Beispiel Brunsbüttel
  • Ostfriesische Inseln
  • Sylt
  • Schleswig-Holsteins Nordsee-Inseln (Föhr, Amrum, Helgoland)

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Die rasanten Veränderungen, die Mathiessen beobachtet, sorgen bei ihr für Unverständnis und Trauer, wahrscheinlich sogar Wut. Auf Facebook wandte sich die Schriftstellerin mit einem emotionalen Post an die Öffentlichkeit.

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„Eine Ferieninsel, auf der sich in Saisonzeiten Hunderttausende tummeln […] hat kein Postamt mehr“, eröffnet sie. Dann berichtet sie von verschwundenen Apotheken auf der Insel und Physiotherapie-Terminen, die so schwer zu bekommen seien, dass man sie „auf Ebay teuer versteigern“ könne.

Dramatische Aussichten auf Sylt

Es folgen einige Namen von traditionsreichen Gaststätten und Bäckereien, die mittlerweile dichtgemacht haben (>>>MOIN.DE berichtete). Die gebürtige Sylterin ist sich sicher: Das alles „könnte Zufall sein, ist es aber nicht“. Wie kommt Sie zu dieser dramatischen Aussage?

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Susanne Matthiessen vermutet, die Zustände auf Sylt seien eventuell ein „ganz normaler Prozess“, doch sie verwahrt sich davor, alles auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu schieben.

Vielmehr sieht sie die Entwicklungen auf Sylt als das Ergebnis eines aus den Fugen geratenen Wachstums-Fetischs, der momentan erst noch dabei sei, zu voller Blüte zu gelangen.

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Das ist Sylt:

  • Sylt ist die größte nordfriesische Insel und liegt in der Nordsee
  • Nach Rügen, Usedom und Fehmarn ist Sylt die viertgrößte Insel Deutschlands
  • Die Insel Sylt ist vor allem für ihre Kurorte Westerland, Kampen, Wenningstedt und den ca. 40 Kilometer langen Sandstrand im Westen bekannt
  • Zahlreiche Gebiete auf und um Sylt sind als Schutzgebiete ausgewiesen. Auf der Insel gibt es allein zehn Naturschutzgebiete
  • Der Tourismus ist seit über 100 Jahren auf Sylt von erheblicher Bedeutung, seit Westerland 1855 zum Seebad (Kurort) wurde
  • Im Sommer befinden sich täglich rund 150.000 Menschen auf der Insel
  • Zum Vergleich: Lediglich rund 18.000 Menschen leben auf Sylt

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Als die „Kehrseite ein und der selben Medaille“ beschreibt sie das Paradoxon zwischen steigenden Immobilienpreisen und klagenden Maklern, zwischen Preis-Boom und Verarmung der Einheimischen auf Sylt. Eindringlich setzt sie zu einer düsteren Zukunftsvision an: „Manchmal muss man nur den gesunden Menschenverstand einschalten, um vorauszusehen, welche Entwicklung die Insel nimmt.“

Wenn es kein Postamt mehr gebe, Ärzte in den Ruhestand gingen ohne Nachfolger zu finden, Pflegedienste schließen würden und letztendlich sogar Banken aufgeben müssten, werde ein „normales Leben“ kaum noch möglich sein.

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Mehr News von Sylt:

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Unmissverständlich macht Matthiessen klar, in diesem Fall funktioniere Sylt eben nicht mehr als „Top-Destination“ und „Jahrhundertmarke“. Sylt auf dem Weg ins eigene Verderben.

Sylt: Droht der große Knall?

„Sylt verliert gerade Stückchen für Stückchen, was die Insel lebens- und liebenswert macht, nämlich die Menschen und Institutionen, die man für ein funktionierendes Miteinander braucht. Aber vielleicht ist das ja doch nur ein ganz normaler Prozess, und ich bin die einzige, die sich deswegen Sorgen macht“, beendet sie ihren aufrüttelnden Post. Ganz stimmen kann das nicht, denn die Reaktionen unter ihrem „Brandbrief“ auf Facebook sind mehr als deutlich.

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Mehrere Hundert Menschen bringen ihre Wut und Trauer über die Entwicklung zum Ausdruck. Am häufigsten zu lesen: „Auf den Punkt gebracht“ in verschiedenen Formulierungen. Ein Ausruf, der die Verzweiflung und das Flehen aller Sylt-Liebhaber sicher noch viel zu wenig auf den Punkt bringt. (wip)