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Sylt: „Sansibar“-Wirt hört auf! Jetzt nimmt er emotional Abschied – „Solange ich lebe“

Sylt: „Sansibar“-Wirt hört auf! Jetzt nimmt er emotional Abschied – „Solange ich lebe“

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Leiten die „Sansibar“ noch gemeinsam: Kultwirt Herbert Seckler und sein Sohn Niklas. Foto: Bea Swietczak

Auf Sylt ist sie super beliebt – und wer in der „Sansibar“ speisen möchte, der muss den Tisch Monate im Voraus vorbestellen. Dann zahlt der Gast auch gern mal von der Abendkarte für eine „Seezunge im Ganzen gebraten mit Salzkartoffeln“ 85 Euro, oder für „Scharfe Gamba-Spaghetti mit Tomate und Parmesan“ 42 Euro. Das Essen ist immer top, obwohl der Hotspot der Schönen und der Reichen kein Sternelokal ist.

Einige Promis wie Dieter Bohlen oder Günther Jauch zählen zur Stammkundschaft auf Sylt. Andere „wichtige“ Gäste bestellen, was das Zeug hält und blättern auch locker mal für eine Flasche Wein einige tausend Euro hin und geben Trinkgeld im vierstelligen Bereich (kein Witz!).

Sylt: Schöne Erinnerungen für das Lokal

Vor Corona gingen täglich im Schnitt 2.000 Essen übern Küchentresen. Der große Erfolg der „Sansibar“ liegt an drei Faktoren: die tolle Lage, die hervorragende Qualität der Speisen und Weine sowie der sympathische Wirt mit der bescheidenen Ausstrahlung, der jeden Gast gleich freundlich behandelt.

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Der Schwabe Herbert Seckler fing 1974 als 22-Jähriger in den Dünen von Rantum mit einer Strandhütte an, hat das Lokal 1977 gekauft und kontinuierlich ausgebaut. Kürzlich feierte er seinen 70. Geburtstag. Im Gespräch mit MOIN.DE lässt er sein Schaffen Revue passieren und verrät, wann er in Rente gehen will.

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Welche waren Ihre Highlights in der „Sansibar“?

Herbert Seckler: Puh, da kommen in den über 40 Jahren so viele zusammen. Auf jeden Fall zählen die exklusiven Events dazu. Karl Lagerfeld hatte hier mal zwei Wochen lang ein Foto-Shooting für einen Katalog mit vielen internationalen Top-Models. Unvergessen auch die Partys von Joachim Hunold, dem Gründer von Air Berlin oder die von Dieter Lukowski, der bei Reemtsma Kommunikationschef war. Auch viele Musical-Premieren wurden hier gefeiert.

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Das ist Sylt:

  • Sylt ist die größte nordfriesische Insel und liegt in der Nordsee
  • Nach Rügen, Usedom und Fehmarn ist Sylt die viertgrößte Insel Deutschlands
  • Die Insel Sylt ist vor allem für ihre Kurorte Westerland, Kampen, Wenningstedt und den ca. 40 Kilometer langen Sandstrand im Westen bekannt
  • Zahlreiche Gebiete auf und um Sylt sind als Schutzgebiete ausgewiesen. Auf der Insel gibt es allein zehn Naturschutzgebiete
  • Der Tourismus ist seit über 100 Jahren auf Sylt von erheblicher Bedeutung, seit Westerland 1855 zum Seebad (Kurort) wurde
  • Im Sommer befinden sich täglich rund 150.000 Menschen auf der Insel
  • Zum Vergleich: Lediglich rund 18.000 Menschen leben auf Sylt
  • Die Insel erreicht man mit dem Auto vom Festland mit dem Sylt-Shuttle der DB und dem Autozug, dazu verkehren Nahverkehrszüge und Inter City Züge der DB.
  • Auch über den Flughafen Sylt ist die Insel per Linien- und Charterverbindungen zu erreichen

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Welche verrückten Dinge haben sich hier abgespielt?

Seckler (lacht): Die habe ich vergessen. Es sind viele irre Sachen passiert, die einem keiner glauben würde. Sie befinden sich in meiner Schatztruhe. Ein guter Wirt muss auch schweigen können.

Eine kleine Anekdote vielleicht?

Seckler: Der Baulöwe Jürgen Schneider ist früher öfters mal hier eingekehrt. Dem habe ich auch Wein nach Hause geliefert. Aber als er eine Milliardenpleite hingelegt hat und wegen Kreditbetrugs und anderer Wirtschaftsdelikte verhaftet wurde, habe ich mein Geld für den Wein schon im Kopf abgeschrieben. Doch überraschenderweise wurde es bezahlt.

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Worauf hätten Sie am liebsten verzichtet?

Seckler: Auf die Corona-Zeit. Das hätte ich wirklich nicht gebraucht. Immer diese Sorge, wie es weitergeht und wie ich meine Angestellten gut durch diese Zeit bringe.

Ganz zurück auf Anfang. Hatten Sie damals den Plan, die Strandhütte zu einem derartigen Erfolg zu führen?

Seckler: Das hätte ich niemals voraussagen können. Um ehrlich zu sein, habe ich mir darüber gar keine Gedanken gemacht und hatte auch keinen Plan. Ich hatte am Anfang große finanzielle Probleme und habe einfach nur ans Überleben gedacht.

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Hatten Sie damals schon Familie?

Seckler: Nein, ich habe erst zwei Jahre später geheiratet. Meine Frau Helga habe ich hier auf Sylt kennengelernt. Sie kommt zufällig auch aus dem Schwabenland. Wir bekamen dann vier wunderbare Kinder. Aber die Sansibar hat mir auch viele Ausgaben beschert. Immer war irgendetwas. Ich bin zum Beispiel keiner, der gern mietet. Also habe ich für meine Mitarbeiter die Unterkünfte gekauft. Der Winter auf Sylt ist lang, dann fehlten wieder die Einnahmen, da die Gastronomie hier vom Saisongeschäft lebt. Finanziell so unabhängig, wie ich es heute bin, das ist noch gar nicht so lange her.

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Irgendwann haben Sie beschlossen, auch Merchandise zu etablieren. Sansibar-Produkte gibt’s inzwischen sogar bei Discountern.

Seckler: Das hat auch zu Anfang viel Geld gekostet. Man muss ja erstmal investieren. Allein in den Textilien stecken schon ein paar Millionen. Auch wenn das Geld wieder reinkommt, so muss man vorfinanzieren und wieder neue Materialien einkaufen. Man schiebt immer eine große Menge Geld vor sich her. Meine Gesamteinnahmen kommen heute zur Hälfte aus dem Restaurant und zur anderen Hälfte aus den Verkäufen von Weinen und anderen Produkten.

Denken Sie mit 70 eigentlich ans Aufhören und daran, das Zepter an ihren Sohn Niklas zu übergeben?

Seckler: Indirekt hat Niklas es ja schon, obwohl ich täglich selbst nach dem Rechten sehe. Solange ich lebe, werde ich auch hier sein. Ich wüsste gar nicht, was ich sonst machen sollte. Ich meine, dass Niklas auch noch etwas Hilfe braucht.

Glauben Sie, dass Sie Niklas gut geschult haben?

Seckler: Wenn er gut zugehört hat, dann schon. Er wird in diesem Jahr 30 und muss sich um 200 Mitarbeiter kümmern können. Aber er ist ja quasi als Kind in den Betrieb reingewachsen, hat Koch gelernt und kennt das Geschäft von der Pike an.