Kaum zu fassen und vor allem extrem gut, was da innerhalb einer Woche in Hamburg organisiert wurde.
Aus einem Gespräch mit einer Flasche Wein unter zwei Frauen hat sich eine großartige Aktion in Hamburg entwickelt.
Hamburg hilft den Menschen an der Grenze
Die Bilder aus der Ukraine schmerzten viele Menschen in Deutschland. Einige von ihnen bieten ihre Hilfe an, wissen aber nicht, wie und wo sie anfangen können.
So erging es auch Tatjana Sosin und ihrer Mitbewohnerin Anzhela Reznytska in Hamburg. Tatjana kommt ursprünglich aus Kasachstan und hat eine große Familie – ein Teil davon lebt in der Ukraine.
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„Die Bilder haben Depressionen in mir ausgelöst, wie Menschen ihr Zuhause verlassen müssen, ich wollte etwas für meine Leute tun. Ich kann nicht nur hier sitzen und zugucken. Ich habe das Gefühl, ich muss an die Grenze und meinen Leuten helfen“, erzählt Tatjana im Gespräch mit MOIN.DE.
Ihre Mitbewohnerin Anzhela habe die Idee sofort unterstützt. Also fingen die beiden Mütter an zu überlegen. „Mit einem Auto können wir nicht viele Menschen retten, lass uns einen Bus organisieren“ habe Anzhela daraufhin gesagt.
Frauen aus Hamburg starten Instagram-Aufruf
Also starteten die beiden einen Aufruf auf Instgram, um einen Bus zu organisieren „Wir haben gar keine Erfahrung damit, wir haben das noch nie gemacht, wir sind zwei alleinerziehende Mütter“, erzählt Tatjana weiter.
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Ukraine und Russland im Vergleich:
- Die Ukraine hat rund 41,8 Millionen Einwohner und eine Fläche von 576.800 Quadratkilometern (jeweils abzüglich der von Russland annektierten Krim)
- Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 155 Milliarden US-Dollar lag die Ukraine im Jahr 2020 auf Platz 58 der Welt
- Die Russische Föderation hat eine Bevölkerungszahl von rund 146,8 Millionen sowie eine Fläche von 17.102.344 Quadratkilometern (jeweils mit der annektierten Krim)
- Das Bruttoinlandsprodukt lag im Jahr 2019 bei 1.702 Milliarden US-Dollar und damit auf dem weltweit elften Platz
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Sofort erhielten sie viele Reaktionen auf ihre Beiträge. Einige boten sogar ihre Hilfe an. So ist eine Gruppe von acht Menschen entstanden, darunter eine Frau, die polnisch spricht und Kontakt zu polnischen Hilfsorganisationen aufgenommen hat.
Außerdem gaben sie sich den Namen „Mothers for Ukraine“ – weil die meiste Unterstützung von Müttern kommt.
Hamburg: Die Helfergruppe wird größer
Schnell wurden die Aufgaben in der Gruppe verteilt: „Wir haben eine, die eine Webseite gebaut und die Accounts in den sozialen Medien eingerichtet hat. Eine andere hat den Transport und die Logistik organisiert“, erzählt Tatjana.
Sie selbst habe Kontakt mit der Ausländerbehörde aufgenommen. „Um sicherzustellen, dass wir Menschen nach Deutschland bringen dürfen und zu erfahren, wie dann das weitere Vorgehen ist. Ich habe das Gefühl, jede Minute passiert etwas Neues“, so die Kasachin im Gespräch mit MOIN.DE.
So sei das Ganze schnell viel größer geworden, als anfänglich geplant. Inzwischen konnten die „Mothers for Ukraine“ einen Doppeldeckerbus für 90 Menschen organisieren, welcher ihnen von einem Unternehmen aus Bremen angeboten wurde. Sogar der Fahrer spricht polnisch und soll in Polen übersetzen.
Außerdem fand sich weitere Unterstützung für die Aktion der Gruppe. So haben sich Helfer von „Alster in Flammen“ gemeldet, die mit einem LKW und einen kleinen Bus ebenfalls helfen wollen.
„Wir fahren nun zum Glück nicht mehr zu zweit“, erzählt Tatjana. „Wir haben zwei Securitys, zwei Notfallsanitäter, eine Krankenschwester und zwei Ärzte.“ Die Ärzte seien wichtig, weil ohne sie dürfe man kein Insulin, Antibiotika oder andere Medikamente mitnehmen.
Gruppe fährt von Hamburg nach Warschau
Am Freitagmorgen um 8 Uhr will sich der Trupp von Hamburg aus auf den Weg nach Polen machen. In Frankfurt an der Oder sollen zunächst Hilfsgüter in den LKW geladen werden, ehe es über die Grenze bis nach Warschau geht.
In der polnischen Hauptstadt werden die Sachspenden dann an Hilfsorganisationen übergeben. „Wir haben für die wartende Menschen auf der ukrainischen Seite Sachen gesammelt, unter anderem warme Decken, Powerbanks damit sie ihre Verwandten kontaktieren können.“ An der ukrainisch-polnischen Grenze müssen Flüchtige nach Tatjanas Angaben derzeit knapp 55 Stunden warten.
Außerdem sollen die 90 Personen abgeholt werden, die bereits auf einer Liste angemeldet sind. „Anzhela und ich sprechen beide russisch und wir können mit den Ukrainern gut kommunizieren“, ergänzt Tatjana.
Der Fokus liege dabei auf ganz bedürftigen Menschen: „Frauen mit Kleinkindern, kranke und ältere Menschen, Leute mit Behinderung und alleinreisende Jugendliche.“
Das fehlt den Helfern
Doch das ist noch nicht alles. Weil sich „People of Color“ bei den „Mothers for Ukraine“ gemeldet hat und über Rassismus an den Grenzen berichtet hat, wollen die Helfer auch einen Anteil von zehn Prozent im Bus für Studenten aus Afrika schaffen, die ebenfalls Hilfe benötigen.
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Für insgesamt 50 der Ankommenden wurden schon Plätze in Hamburg gefunden, der Rest soll im Ankunftszentrum in Rahlstedt aufgenommen werden. Aber alle müssen sich zuerst bei der Behörde registrieren, damit sie Krankenversicherung und Sozialleistungen bekommen.
Das alles haben Tatjana, Anzhela und die anderen Helfer in einer Woche organisiert. Doch Geld und weitere Unterstützung brauchen die „Mothers for Ukraine“ immer noch. Wer den Menschen an der Grenze helfen will, kann dies direkt über die Spendeaktion tun.
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Tatjana und ihre Kollegen wollen weitere Fahrten organisieren, um so viele Menschen wie möglich an der Grenze zu evakuieren. Aber das hängt auch vom Geld ab: Je mehr Menschen in Deutschland spenden, desto mehr ukrainische Geflüchtete können gerettet werden.