Ein Haus auf Rügen, im besten Fall sogar an der Küste, ist für viele Menschen eine Traumvorstellung. Schöne Aussichten und die Nähe zum Meer genießen – hierfür muss dann manchmal auch zurückgesteckt werden.
In Mukran auf Rügen verbirgt sich hinter traumhafter Aussicht und schönem Leben auch große Gefahr. So zu leben wie DIESE Menschen könnte wohl nicht jeder.
Rügen: Faszinierende Aussicht gegen Sicherheit
Eine schöne Aussicht? Unter den Umständen ist das vielleicht nicht für jeden was: An der Steilküste reihen sich die Datschen und Häuser nämlich unmittelbar an der Kliffkante. Definitiv ein spektakulärer Anblick – doch der Preis dafür ist hoch. Schon die Aussicht vom Fährhafen in Rügen auf diese Häuser ist imposant, aber auch schwindelerregend.
Für diese Lage muss man nicht nur starke Nerven haben, sondern auch hohe Risiken eingehen. Genau das tun die Bewohner, die dort ihre Gartenhäuschen oder sogar ihr Wohnhaus stehen haben. Direkt in der Nachbarschaft: die ehemalige Seehydrographische Station mit zwei Gebäuden.
—————
Das ist Rügen:
- Insel vor der Ostseeküste Vorpommerns
- Flächengrößte und bevölkerungsreichste Insel Deutschlands
- Etwa 70.000 Menschen leben hier
- Rügen ist zehnmal größer als Sylt
- Auf der Insel gibt es 100 Sonnenstunden pro Jahr mehr als in München
- Neben Stränden gibt es auf Rügen auch viele Naturschutzgebiete
—————
Gefährliches Leben auf Rügen
Wie risikoreich das Leben hier wirklich ist, lässt sich schon vermuten, wenn man die Gebäude sieht, die so nah an der Kante zum Abgrund stehen. Hier wird von Bewohnern und Behörden um jeden Zentimeter gekämpft. Die Natur bewegt hier einiges – das Kliff ist ein dynamisches System, das durch Abbrüche bis zu 25 Zentimeter pro Jahr zurückweicht.
An eine solche Lage zu kommen ist auch nicht so einfach – hierfür ist eine Genehmigung notwendig, die der Landkreis erteilt. „Wenn es um die Gefährdung von Gebäuden, zum Beispiel die Standfestigkeit geht, ist die Bauaufsicht zuständig“, sagt Claudia Klemens, zuständig für das Bauamt der Stadt Sassnitz gegenüber der „Ostsee-Zeitung“.
Im Normalfall wird hier auch kein Alltagsleben geführt, denn dieser Bereich sei laut Plan Außenbereich und somit nicht für die Bebauung geeignet. Die Ausnahme auf dem Außenbereich machen Land- und Forstwirte, denen das Wohnen hier erlaubt ist.
Ansonsten sei das aber nicht vorgesehen. „Es wurde aber eine Nutzung ausgeübt, die Gärten sind zu DDR-Zeiten entstanden“, so Klemens.
Rügen: Naturgewalten am Abgrund
Zu Regelungen kam es durch eine Notbremse, ausgelöst durch eine gefährliche Situation. Durch Hangrutschungen, die in einer solchen Lage starken Einfluss nehmen, wurde der Landkreis in den Jahren 2011 und 2014 auf die Gefahr aufmerksam und erließ die Nutzungsuntersagungen.
+++ Kiel: Deutschland diskutiert noch über Lockerungen – Schleswig-Holstein schafft Fakten +++
Von der Bauaufsicht des Landkreises heißt es: „Durch geschlossene Vergleiche im Widerspruchsverfahren ist die Vollziehung der Ordnungsverfügungen in jedem Jahr für den Zeitraum vom 15. April bis 15. Oktober ausgesetzt, sodass nur in den witterungsbedingt gefährlichen Monaten ein Aufenthalt nicht zulässig ist.“
Trotz Gefahr ist diese Lage auf Rügen heißbegehrt
Die bisherigen Naturereignisse bremsen den Mut der Bewohner nicht aus – Datschenbesitzer und Landwirte kämpfen um ihren Platz an der Kliffkante. Eine heikle Angelegenheit, bei der es immer wieder zum Streit kommen soll. Claudia Klemens deutet an, dass es laufende Verfahren gäbe.
Die Betreiber des Biohofes Schmid, die dort am Kliff ihren Hof mit Bio-Landwirtschaft haben und die Gebäude auch bewohnen geben hierzu ebenfalls „Kein Kommentar“. Hierzu wolle sich auch niemand weiter äußern – die angespannte Situation wird deutlich.
+++ Aida veröffentlicht Video, doch Fans sind entgeistert: „Macht mich wütend“ +++
Die Bewohner nehmen hierfür also auch in Kauf, dass es an der Außenküste jederzeit, besonders in der Winterzeit, zu Rutschungen kommen kann. „Entsprechende auslösende Faktoren spielen vor allem im Winterhalbjahr eine Rolle. Aufgrund der derzeitigen Witterungslage ist auch jetzt mit Abbrüchen entlang der Steilküstenabschnitte zu rechnen“, erklärt Karsten Schütze vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) gegenüber „Ostsee-Zeitung“:
Rügen: Permanente Überprüfung der Situation notwendig
Das Geo-Gefahrenkataster wird von Experten der Behörde regelmäßig aktualisiert. Dafür sind sie an den Küsten unterwegs und prüfen die Umstände in dem Bereich. Schütze: „Der Bereich mit der Bebauung nördlich des Hafens Mukran ist durch die Ergebnisse der bisherigen Aufnahmen als erhöht vulnerabel anzusehen, die Einstufung kann sich aber mit jeder erfolgten Rutschung ändern.“
In einigen Bereichen sei durch Landaufspülung durch Lee-Effekte eine Verbesserung aufgetreten. Das Strömungslee führe hier zu Ablagerungen von Sedimenten aus dem küstenparallelen Transport, was den Strand breiter und das Ufer sicherer mache. Den entscheidenden Faktor mache die Standsicherheitslinie aus, die die geologische Situation berücksichtig.
—————
Mehr von Rügen und der Ostsee lesen:
—————
Generell sei laut Landkreis Vorpommern-Rügen das Leben an der Steilküste nicht verboten – auch an anderen Stellen der Küste sei es schon zu Abstürzen von Gebäuden und Verrückungen bis an Uferkanten gekommen. Wer starke Nerven und eine Baugenehmigung hat, kann hier aber trotzdem sein Glück versuchen. (lfs)