Was die rund 120 Zugreisenden während der Messerattacke im Zug bei Kiel am Mittwochnachmittag erlebt haben, ist für alle Unbeteiligten unvorstellbar. Es sind Bilder und Ängste, die sie womöglich ihr Leben lang begleiten werden. Doch darauf nahm und nimmt bei weitem nicht jeder Rücksicht – umso peinlicher und bedrückender ist der Umgang in sozialen Netzwerken mit dem tragischen Vorfall. Ein Kommentar.
Wer sich gelegentlich in sozialen Netzwerken herumtreibt, wird schnell feststellen, dass es an ein Wunder grenzt, dass sich die Bundesrepublik Deutschland noch nicht selbst abgeschafft hat – ja, dass wir überhaupt noch leben – schließlich werden wir demnach seit jeher von völlig amateurhaften Clowns regiert, haben unsere kulturellen Errungenschaften im Zuge der Zuwanderung durch unzivilisierte, kriminelle und mordende Ausländer verloren. Spätestens seit der Hochphase der Flüchtlingskrise 2015 und 2016 gilt dies nach Einschätzung unzähliger Facebook-Nutzer als Fakt.
Messerattacke im Zug bei Kiel: Widerliche Kommentare
In der jüngeren Vergangenheit spielte die Fremdenfeindlichkeit aufgrund anderer gesellschaftlicher Herausforderungen, wie etwa die Energiekrise oder die hohe Inflation, lediglich eine untergeordnete Rolle. Doch bei passendem Anlass, wie der Messerattacke bei Kiel, kommen diese Trolle schlagartig wieder aus ihren Löchern gekrochen und sondern ohne Rücksicht auf die Gefühle anderer ihre widerlichen und nicht selten menschenverachtenden Kommentare ab. Ist denn Solidarität oder Rücksichtnahme auf die Opfer und deren Angehörige zu viel verlangt?
Völlig absurde Klischees werden bedient
Offenbar schon. Während die Zugreisenden höchstwahrscheinlich einige Zeit brauchen werden, um das Erlebte zu verarbeiten und sich ihren Ängsten zu stellen, liegt nahe, dass sich hinter den populistischen Kommentaren der fremdenfeindlichen Nutzer neben einer gewissen Unzufriedenheit mit dem eigenen Dasein ebenfalls Ängste und große Sorgen verbergen – und zwar davor, dass ihnen womöglich Ähnliches widerfährt. Angst frisst Hirn. Und da erscheint es natürlich einfacher, wenn man gegen das Feindbild des „kriminellen Asylbewerbers“ wettern kann als sich tiefergehend mit der Thematik zu beschäftigen. Das Klischee des kriminellen Ausländers ist genauso absurd wie das des Bratwurst und Sauerkraut essenden Deutschen.
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Deutschland, das Land der Dichter und Denker?
Wir gelten als das Land der Dichter und Denker. Angesichts der ganz überwiegenden Zahl an einschlägigen Kommentaren und Beiträgen in sozialen Netzwerken zu der Messerattacke im Zug bei Kiel stellt sich allerdings die Frage, ob dies inzwischen nicht auch bloß ein Klischee ist. Wer erst denkt und dann schreibt oder redet, tut in aller Regel nicht nur sich einen Gefallen damit, sondern in dem Fall auch den Opfern und Angehörigen der Messerattacke im Zug bei Kiel.